Predigt über Epheser 3, 14- 21: Die Fürbitte des Apostels für die Gemeinde
6. Sonntag nach Ostern, Exaudi, 11 Uhr Jakobikirche
Epheser 3, 14- 21
14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater,
15 der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden,
16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, bstark zu werden durch seinen Geist an dem cinwendigen Menschen,
17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe beingewurzelt und gegründet seid.
18 So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist,
19 auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle.
20 Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt,
21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Die Predigt wurde während des Gottesdienstes auf Farsi übersetzt. sie ist deshalb kürzer als sonst.
Liebe Gemeinde.
Irgendetwas wünschen wir uns immer und oft beten wir dann dafür. Wir bitten Gott z.B. um Frieden und Gesundheit, Erfolg und Wohlstand, Harmonie in der Famlie oder im Arbeitskollegium. Und dabei denken wir auch nicht nur an uns selbst, sondern ebenso an andere. Wir schließen sie in unsere Fürbitte ein und bitten für sie um Gutes.
So tat es auch der Apostel Paulus. In unserer Lesung von heute haben wir seine Fürbitte für die Epheser gehört, denn das gehörte zu seiner Glaubenspraxis. Um genau zu verstehen, was er hier meint und den Ephesern wünscht, ist es gut, wenn wir uns kurz die Geschichte vor Augen halten, die dahinter steht, die ihn mit den Ephesern verbindet.
Paulus hatte die Gemeinde in Ephesus, einer Stadt in der heutigen Türkei, gegründet und sie lag ihm am Herzen. Ungefähr zwei Jahre lang war er als Missionar dort gewesen und hatte das Evangelium verkündigt. Es war alles sehr erfreulich verlaufen. Paulus hatte Juden und Griechen überzeugt und zur Umkehr zu Gott und zum Glauben an Jesus Christus bewogen. Eine wunderbare christliche Gemeinde war entstanden. (Apg.19,10-18)
Er selber musste sie dann wieder verlassen und weiterreisen. Das fiel ihm nicht leicht, denn er wusste um die Gefahren für so eine junge Kirche. Er hatte ihnen beim Abschied bereits vorausgesagt, dass Männer aus ihrer eigenen Mitte aufstehen und Verkehrtes lehren würden, um die Jünger an sich zu binden. (Apg.20,29-30) Das passierte fast überall in den Gemeinden, die Paulus gegründet hatte: Dass Gegner der christlichen Lehre die neuen Gemeinden durcheinanderbrachten.
Er selber konnte nicht mehr viel für sie tun, denn Gott hatte ihm befohlen, nach Jerusalem zurückzukehren. (Apg.20,22) Er ahnte schon, dass dort nichts Gutes auf ihn wartete (Apg.20,23), aber er war gehorsam. Es geschah dann auch wirklich, dass er in Jerusalem von den Juden wegen Volksverhetzung gefangen genommen und ins Gefängnis geworfen wurde. (Apg.21,27-33) Es stand schlecht um ihn, aber er hörte nicht auf, das Evangelium zu verkündigen. Er konnte nun zwar nicht mehr reisen und predigen, aber er hat Briefe geschrieben und für seine Gemeinden gebetet. Der Brief an die Epheser stammt also aus dem Gefängnis (Eph.6.20). Aber er enthält kein Wort der Bitterkeit, sondern Paulus hat darin aufgeschrieben, was für den Glauben an Jesus Christus das Entscheidende war.
Das ist die Geschichte hinter unserer Lesung aus seinem Brief an die Epheser. Er hat hier wunderbar formuliert, was er Christen in Ephesus wünschte und wofür er betete. Der wichtigste Satz lautet: „Gott gebe euch Kraft, stark zu werden an dem inwendigen Menschen, dass Christus in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.“
Paulus wünschte den Ephesern also weder Gesundheit noch Wohlstand. Er betete nicht dafür, dass sie vor allen Kämpfen bewahrt blieben, dass sie nicht leiden müssen und immer Frieden haben. Er wünschte ihnen also nichts Äußerliches, sondern etwas ganz Innerliches: Dass sie Kraft von Gott bekommen mögen, und dass Christus in ihnen wohnen möge.
Daran erkennen wir, was für Paulus auch in seinem Glauben das Entscheidende war. Christus war für ihn nicht nur eine geschichtliche Person, nicht nur ein Meister mit einer guten Lehre, sondern jemand, der mit seinem Geist im Menschen „wohnen“ möchte. Christus lebt, das war seine Botschaft, er wirkt im Inneren der Menschen und kann sie von allen Zwängen befreien. Es gilt also, ihn durch den Glauben ins Herz einziehen zu lassen. Dann kann er dort lebendig werden. Er verleiht innere Stärke und Kraft und vor allen Dingen die Liebe. Und das ist wunderbar, denn durch sie lässt sich auch alles Schwere ertragen. Sie ist die Kraft, die das Zusammenleben ordnet und heilt. Das war die Botschaft von Paulus, die er den Ephesern hier noch einmal geschrieben hat, und worum er Gott gebeten hat.
Und das ist auch für uns wichtig. Wenn wir an Jesus Christus glauben, dann denken wir ja oft, es geht um eine bestimmte Lehre, der wir folgen müssen. Die Ideen sind das Entschei-dende. Oder wir meinen, Gesetze spielen eine Rolle. Aber das steht alles gar nicht im Vordergrund des Evangeliums. Bedeutend ist vielmehr, dass „Christus in unseren Herzen wohnt“ und wir innerlich stark werden. Das sollten auch unser Wunsch und unser Ziel des Glaubens sein. Wir können uns vorstellen, das Paulus das auch für uns erbittet.
Doch wie erreichen wir das nun, und was bedeutet das für unsere Lebensführung? Die Antwort darauf finden wir ebenfalls in unserem Textabschnitt, und zwar in dem ersten Satz, der lautet: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden.“ Das sagt Paulus ja über sich selbst, es ist ein Bekenntnis. Und er bringt damit zum Ausdruck, dass er sich Gott unterworfen hat, er hat ihn geehrt und angebetet, sich vor ihm „gebeugt“. Er war gehorsam und ist seinen Willen gefolgt.
Und das müssen auch wir tun. Das klingt im ersten Moment zwar etwas unbequem, und wir vergessen das auch oft. Wir leben lieber so, als wären wir selber diejenigen, die alles bestimmen. Wir sind autonom, entscheiden selber, was gut für uns ist, und folgen unseren eigenen Wünschen und Plänen.
Das ist zwar nicht verkehrt, oft müssen wir das sogar, weil uns niemand etwas anderes sagt, aber diese Einstellung reicht nicht, damit das Leben gelingt. Denn unser eigener Wille führt uns manchmal auch in eine Sackgasse. Wir erreichen nicht alle unsere Ziele. Häufig irren wir uns und erleben, dass das, was wir gewollt haben, doch nicht gut für uns war. Es gibt viele Enttäuschungen und Niederlagen, Konflikte und Probleme. Auch Krankheiten kommen uns in die Quere, und dann wissen wir nicht weiter.
Es ist deshalb gut, wenn auch wir uns von vorne herein vor dem beugen, der der rechte Vater ist, d.h. nach Gottes Willen fragen und ihn anerkennen. Bei jeder Entscheidung, sollten wir seine Gegenwart suchen und uns von ihm führen lassen. Und dazu gehört es, dass wir unsere eigenen Wünsche immer wieder loslassen, sie nicht an oberste Stelle stellen, sondern uns zuerst Gott hingeben. Unser größter Wunsch sollte der sein, dass „Christus in unseren Herzen wohne“, dann werden wir ganz von alleine ruhig und stark. Wir bekommen Klarheit und wissen viel besser, was gut für uns ist.
Und dafür ist das Gebet wichtig. Wir können Gott bitten, in uns einzuziehen, so wie Paulus das getan hat. Dann tut er das auch, er erhört diese Bitte gerne. Wir bekommen Kraft von innen, werden erfüllt mit seinem Geist und gehen freudig durch das Leben. Wir werden außerdem viel leidensfähiger. Es macht dann nicht so viel, wenn nicht alles nach unseren Plänen verläuft. Denn wir wissen uns bei dem „rechten Vater“ geborgen.
So ist es auch Paulus ergangen. Er wurde nach seiner Gefangennahme nicht wieder frei gelassen, am Ende wurde er hingerichtet. Das war eine große Ungerechtigkeit, und er hätte darüber klagen können. Aber die Gefangenschaft und die äußere Ausweglosigkeit seiner Situation haben ihn nicht zermürbt. Er hat an seinem Glauben festgehalten und bis zum Schluss frei darüber geredet. Denn er war geborgen in der Liebe Gottes. Diese Liebe hat ihn sogar angesichts des Todes noch erfüllt und froh gemacht.
Und das ist das Größte, was einem Menschen geschenkt werden kann. Lassen Sie uns deshalb darum Gott immer wieder bitten, für uns selber und auch für die Menschen, die uns wichtig sind. Amen.