Gottesdienst mit der Evangelischen Jugend Kiel-Mitte am 26.10.2014, 11.00 Uhr, Jakobikirche Kiel
19. Sonntag nach Trinitatis,
Predigt über Markus 2, 1- 12: Die Heilung des Gichtbrüchigen
Im Gottesdienst haben drei Jugendliche, Joshua, Svenja und Hennes und unser Gemeindepädagoge Matthias Beckmann mitgewirkt und vor der Predigt folgendes Anspiel mit anschließender Aktion durchgeführt:
Anspiel und Aktion: „Die Laus auf der Leber“
von Matthias Beckmann
Joshua betritt den Altarraum mit hängenden Schultern und einem missmutigen Gesicht.
Svenja tritt zu ihm und spricht, zur Gemeinde gewandt:
„Hallo Joshua, alles klar?“
Joshua (leicht aggressiv):
„Ach Svenja, lass mich bloß in Ruhe, ja!“
Svenja:
„Mensch, mach mich doch nicht gleich so an. Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“
Joshua und Svenja frieren in ihrer Bewegung ein, und Hennes tritt herzu. Während Matthias eine Gedankenblase mit Grafik hochhält, wendet Hennes ein:
„Moment mal. – Dem Joshua ist eine Laus über die Leber gelaufen?“…
Kurze Denkpause, dann folgt die Erklärung:
„Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“ Das fragt man jemanden, der schlechte Laune hat. Aber wie sollte denn die Laus überhaupt an seine Leber kommen und wieso hat seine Leber etwas mit seiner Laune zu tun?
Früher dachten die Menschen, dass die Leber der Sitz der Gefühle ist. Deshalb sagte man „Es ist ihm etwas über die Leber gelaufen“, wenn jemand nicht gut drauf war. Später wurde aus „etwas“ die „Laus“, die über die Leber läuft. Man hat wohl die Laus gewählt, weil es ein winziges, unscheinbares Tier ist. Die Redewendung wird nämlich besonders dann benutzt, wenn man glaubt, dass der andere nur wegen einer Kleinigkeit mies drauf ist.“
Redewendungen, die mit Körperteilen zu tun haben, stellen meist ein Wissen über Zusammenhänge dar, die zwischen Körper und Seele bestehen. Zum Beispiel „Halsstarrig sein“ oder „die Nase voll haben“.
Die Laus auf der Leber deutet ein Wissen darüber an, dass depressive Tendenzen immer auch ein Zusammenhang mit dem Organ Leber haben können.
(Die Inhalte stammen von Geolino-Hpg und einem Blog zu Sprichwörtern.)
Vielleicht fallen Euch und Ihnen ja auch ein paar Redewendungen ein, die mit Körperteilen zu tun haben.
Svenja und ich sammeln mal, ihr könnt euch einfach melden und wir kommen dann zu euch.
Svenja ging dann mit Schildern und Edding mit Hennes zu den Leuten, die sich meldeten und notierten weitere Redewendungen. Hennes brachte die Schilder nach vorne und las sie laut vor, bevor er sie nach und nach Joshua umhhängte, der immer weiter unter ihrer Last zusammensackte.
Matthias kam hinzu und sagte, dass es nun genug sei für den armen Joshua. Er wurde deshalb auf eine Trage gelegt und von Svenja, Hennes, Matthias und einer vierten Person davongetragen.
Folgende Redewendungen wurden u.a. gesammelt:
„Das geht mir an die Nieren.“
„Das schlägt mir auf den Magen.“
„Mir geht die Galle über.“
„Ich habe die Nase voll.“
„Das steht mit bis zum Hals.“
„Jemand ist halsstarrig.“
„Ich zerbreche mir den Kopf.“
„Ich habe Schmetterlinge im Bauch.“
„Liebe geht durch den Magen.“
Es folgte die Lesung des Evangeliums:
Markus 2, 1- 12
1 Und nach einigen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass Jesus im Hause war.
2 Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort.
3 Und es kamen einige zu ihm, die brachten einen Gelähmten, von vieren getragen.
4 Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, machten ein Loch und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.
5 Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.
6 Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen:
7 Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?
8 Und Jesus erkannte sogleich in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen?
9 Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher?
10 Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – sprach er zu dem Gelähmten:
11 Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim!
12 Und er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben so etwas noch nie gesehen.
Predigt über Markus 2, 1- 12
Liebe Gemeinde.
Ganz oft stecken seelische Probleme dahinter, wenn wir krank werden. Das machen die vielen Aussprüche deutlich, die wir gesammelt haben. Wer all das erlebt, was wir eben an Joshua angeheftet haben, ist am Ende so krank, dass er hinausgetragen werden muss. Körperteile werden in Mitleidenschaft gezogen, wenn etwas im Leben schief läuft, denn Leib und Seele gehören zusammen. Unser Verhalten, unsere Einstellung und unsere Gefühle haben Folgen für unsere Gesundheit. Die Medizin nennt das Psychosomatik.
Jesus wusste offensichtlich auch etwas davon. In der Geschichte von dem Gelähmten, der von seinen Freunden zu ihm gebracht wird, kommt das Thema jedenfalls vor. Denn es wird von einer Sündenvergebung und einer Heilung erzählt, von einer Befreiung also, die Seele und Leib in gleicher Weise betrifft.
Jesus war in einem Haus in Kapernaum und predigte. Viele Menschen hatten sich versammelt, um ihm zuzuhören. Das Haus war also gesteckt voll, sogar draußen vor der Tür standen noch Menschen und lauschten andächtig den Worten Jesu. Doch dann wurde er unterbrochen, denn jemand war auf das Dach des Hauses gestiegen und deckte es auf. Es war wahrscheinlich mit Schilf, Heu und Zweigen gedeckt, es ließ sich also durchaus öffnen. Vier Männer taten das, weil sie unbedingt ihren gelähmten Freund zu Jesus bringen wollten. Da sie aber nicht durch die Menge kamen, die den Eingang versperrte, hatten sie ihn mitsamt seinem Bett aufs Dach getragen und ließen ihn nun vor Jesus herunter. Er sollte den Gelähmten wohl heilen.
Sie äußerten diesen Wunsch aber nicht, und Jesus geht zunächst auch überhaupt nicht auf die Krankheit des Mannes ein. Er spricht etwas ganz anderes an, nämlich seine Sünden, und er vergibt sie ihm. Er kümmert sich also zuerst um die Seele des Gelähmten und nicht um seinen Leib. Das war für ihn wohl wichtiger.
Wie der Mann das fand, erfahren wir nicht. Erst mal mischten sich nämlich ein paar Schriftgelehrte ein. Sie regten sich über das Verhalten Jesu auf, denn sie zweifelten an seiner Vollmacht. Deshalb ist die Geschichte an dieser Stelle auch noch nicht zu Ende. Jesus offenbart vielmehr, was er wirklich kann, und befiehlt dem Kranken: „Steh auf, nimm dein Bett und geh heim.“ Alle Anwesenden sollen wissen, dass er eine Macht besitzt, die Seele und Leib gleichermaßen heilt.
Und so geschieht das Wunder, der Gelähmte wird auch körperlich gesund. Er spürt wieder Kraft in seinem schwachen Leib, steht wirklich auf und verlässt vor den Augen der anderen das Haus.
Sein Leben war damit vollständig neu geworden. Alles, was ihn gequält hatte, war mit einem Mal verschwunden. Und das war nicht nur die Krankheit, sondern auch seine Sünde. Mit Sicherheit hatte auch er dazwischen einen Zusammenhang gesehen. Als Jude war ihm von Kindheit an beigebracht worden, dass jede Krankheit eine Strafe für irgendwelche Sünden ist. So hatte er sich wahrscheinlich aufgegeben und war völlig bewegungslos geworden.
Das Evangelium schildert uns hier also nicht nur eine Wunderheilung, und das ist gut. Denn so etwas geschieht heutzutage kaum, und wir könnten es auch nicht richtig glauben. Wir würden die Geschichte wohl nicht so ganz ernst nehmen, wenn das alles wäre. Dadurch aber, dass hier noch mehr erzählt wird, ist sie auch für uns interessant. Denn sie beschreibt, wie wunderbar es ist, wenn wir in der Seele gesund werden. Dann empfangen wir neue Kraft, wir werden aufgerichtet, kommen in Bewegung und können weit gehen. Das ist hier die Botschaft: Jesus heilt uns an Leib und Seele. Und das tut er auch heute noch.
Wenn wir etwas mit ihm erleben wollen, ist es demnach gut, dass wir uns einmal fragen: Was belastet mich eigentlich seelisch? Was treibt mich um und quält mich innerlich? Bei dem Mann waren es seine Sünden, und er brauchte die Vergebung. Aber es gibt auch noch andere Probleme, die uns krank machen können: Ärger und Angst z.B., Stress, Versagen und Enttäuschungen. All das kann uns belasten.
Und wenn das so ist, ist oft auch die Gesundheit beeinflusst. Eine Erkältung kann z.B. durchaus damit zusammen hängen, dass wir von irgendetwas „die Nase voll haben“, Ärger schlägt uns auf den Magen, und Stress verursacht Kopfschmerzen. Diesen Zusammenhang müssen wir beachten, dann verstehen wir, was hier in der Geschichte passiert, und was der Glaube an Jesus bewirken kann.
Es vollzieht sich in drei Schritten. Der erste besteht darin, dass wir unsere Gedanken sortieren, bzw. sie loslassen. Oft drehen sie sich ja im Kreis, wenn uns etwas quält: Wir fragen uns z.B., warum ist das passiert? Oder – wenn jemand anders unser Problem verursacht hat, regen wir uns über ihn auf, verurteilen ihn und würden uns am liebsten rächen. Vielleicht geraten wir auch ins Grübeln über uns selber. Wir machen uns Vorwürfe und bereuen unser Verhalten, bloß ändern können wir es nicht. Und all das sorgt dafür, dass wir in schlechte Gefühle verstrickt werden. Wir sind innerlich gefangen, verkrümmt und gebeugt und werden krank. Deshalb ist es als erstes wichtig, dass wir mit all diesen Gedanken aufhören. Sie führen und helfen uns nicht weiter, im Gegenteil, sie machen oft alles nur noch schlimmer.
Der zweite Schritt besteht dann darin, dass wir stattdessen „Ja“ sagen, dass wir unser negativen Gedanken durch positive ersetzen und unser Problem annehmen. Es gehört jetzt zu uns, es ist da, und wir können es allein nicht lösen. Das müssen wir uns eingestehen und aushalten.
Das ist natürlich nicht ganz leicht, und es geht auch nur, wenn wir gleichzeitig auf denjenigen schauen, der uns helfen und befreien kann. Das ist der dritte Schritt: Wir dürfen und sollen auf Jesus vertrauen und ihn um Hilfe bitten. Alles, was uns beschäftigt und belastet, dürfen wir ihm sagen. Dann merken wir: Wir sind damit nicht mehr allein.
Jesus begegnet uns vielmehr, er rührt uns an und „vergibt“ uns. D.h. er tut etwas an uns und für uns. Wir müssen unser Leben nicht selber in Ordnung bringen, Jesus tut das für uns. All die unnötigen Gedanken werden uns abgenommen, das Grübeln hat in der Gegenwart Jesu ein Ende, und alle Probleme verlieren ihre Macht. Sie halten uns nicht mehr fest. Wir können uns öffnen und loslassen, denn wir haben jemanden, der uns ganz und gar annimmt. Wir müssen uns nur auf ihn verlassen und mit seiner Kraft rechnen. Jesus kann immer noch vollmächtig in unserem Leben wirken, denn er liebt uns und will unser Leben in seine Hand nehmen. Wir müssen es nur auch in seine Hand legen und uns ihm anvertrauen. Dann kann er etwas für uns tun, und dazu lädt er uns ein.
Wenn wir seiner Einladung folgen und ihn an uns heran las-sen, werden wir an Leib und Seele gesund. Die schlechten Gefühle werden schwächer, die Gedanken kommen zur Ruhe und die Qual nimmt ab. Das alles ist mit Vergebung gemeint. Sie ergreift uns ganz und macht uns an Leib und Seele frei. Sie ist wie ein Pflaster, unter dem alle Wunden heilen können. Das ist ein Bild, mit dem wir uns gut vorstellen können, was Vergebung bedeutet.
Die Pflaster für Kinder sind ja oft mit kleinen Figuren und Bildchen geschmückt. Wir kennen auch das Wort „Trostpflaster“. Wenn ein Kind sich verletzt hat, weint es zunächst einmal, auch wenn die Verletzung vielleicht gar nicht so schlimm ist. Das Pflaster verbindet dann nicht nur die Wunde, es tröstet auch. Denn es kommt immer von jemandem, der es gut mit dem Kind meint, der Vater oder die Mutter, eine Erzieherin oder sogar ein Arzt. Auf jeden Fall kümmert sich jemand um das Kind, wenn er das Pflaster aufklebt. Und damit geschieht noch viel mehr, als dass nur die Wunde versorgt wird. Auch die Seele des Kindes kommt zur Ruhe.
Und genauso ist es mit der Vergebung und der Zuwendung Jesu, sie ist wie ein Trostpflaster. Jesus versorgt uns damit an Leib und Seele. Im Glauben an ihn empfangen wir eine Kraft, die uns ganz durchströmt. Sie macht uns frei und richtet uns auf, sodass wir gesund und fröhlich weiterleben können.
Amen.
Am Ausgang bekam jeder Besucher und jede Besucherin ein Pflaster, auf dem das Wort „Vergebung“ stand.