Es gibt neue Einführungen in die Stille Zeit zu einem Text von Madame Guyon (1648-1717).
Ihr findet sie hier.
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Geistliche Impulse für das Gebet
16.2.2023
Es gibt viel Literatur über das Gebet. Seit Jahrhunderten schreiben Betende, wie sie es machen und was es dabei zu beachten gilt. Sie wollen andere einladen und anleiten, dasselbe zu tun, und ihre Bücher und Schriften werden gerne gelesen.
Auch in der Bibel steht schon, wie wir beten können. Wenn wir sie danach befragen, entdecken wir viele Geschichten, Aussagen, Gleichnisse und Sprüche, durch die wir erfahren, was beim Beten wichtig ist.
Hier sind vier Beispiele:
I. 1. Mose 12, 7: Gott einen Altar bauen
Da erschien der HERR Abram und sprach: »Ich werde dieses Land deinem Nachkommen geben!« Und Abram baute dort dem HERRN, der ihm erschienen war, einen Altar.
Die Abrahamerzählung stammt aus der Zeit, als das Volk Israel noch nicht sesshaft war und aus einzelnen Nomadenstämmen bestand. Es gab dementsprechend keinen zentralen Ort, an dem Gott angebetet wurde, sondern nur verschiedene Kultstätten. Gott band sich mehr an die Personen, die er berief und begleitete. Er lebte in den Geschichten, die mündlich überliefert wurden, und im Glauben an seine Gegenwart. Doch gerade deshalb markierten die Menschen auf ihren Wegen gern Orte, an denen Gott ihnen besonders begegnet war. Sie bauten dort jeweils einen Altar, d.h. sie schichteten Steine aufeinander, auf denen ein Opfer gebracht werden konnte. Ein geschlachtetes Tier wurde verbrannt, und der Rauch stieg zu Gott empor. Es galt als Sühne und als Gebet, als Dank und als Lobpreis. Die Orte, an denen diese Altäre standen, waren geheiligt, und jeder und jede später Vorbeiziehende wurde durch sie an Gott erinnert. Man konnte auch bewusst zurückkehren, um dort den Kultus zu vollziehen. Die Altäre standen unter freiem Himmel und waren Zeichen für die Gegenwart Gottes.
Gibt es auch für uns solche Orte? Haben wir Plätze oder Räume, die wir frei lassen für Gott? Wir können sie uns schaffen oder in der Natur suchen, Orte, die uns helfen, innerlich einzukehren, an denen wir zur Ruhe kommen, weil wir Gottes Nähe spüren. Wir gehen da gerne immer wieder hin, um allein zu sein und unsere Gedanken und Gefühle zu ordnen. Wir beten dort, weil es besser gelingt, als anderswo. Das geht auch in der Wohnung, indem wir uns eine Gebetsecke einrichten. Wir respektieren damit, dass Gott auch bei uns wohnt, schaffen bewusst eine Stätte für ihn, die uns immer wieder an ihn erinnert, die uns zum Gebet einlädt und uns hilft, uns auf ihn zu besinnen. Gott kann dadurch gut in unserem Leben vorkommen. Wir geben ihm Raum und Zeit, halten ihm einen Platz in unserem Alltag frei und öffnen uns immer wieder für ihn. Wir schaffen damit Orte, die heilig sind und auf Gott hinweisen, und das tut uns allen gut.
II. 1. Könige 8, 12- 15. 20- 21. 27: Gott lässt sich nicht einsperren
12 Dann betete Salomo: »Der HERR hat gesagt, dass er im tiefsten Dunkel wohnen will. 13 Doch ich habe dir ein prachtvolles Haus gebaut, eine Wohnung, in der du nun für immer wohnen sollst!« 14 Dann wandte sich der König der ganzen Gemeinschaft der Israeliten zu, die vor ihm stand, segnete sie und sagte: 15 »Gepriesen sei der HERR, der Gott Israels, der sein Versprechen erfüllt hat, das er meinem Vater David gab.
20 Ich habe dieses Haus zur Ehre des HERRN, des Gottes Israels, gebaut.
21 Und ich habe darin einen Platz für die Lade geschaffen, welche die Tafeln des Bundes enthält, den der HERR mit unseren Vorfahren geschlossen hat, als er sie aus Ägypten herausführte.«
27 Aber wird Gott tatsächlich auf der Erde wohnen? Der höchste Himmel kann dich nicht fassen – wie viel weniger dieses Haus, das ich errichtet habe!
Salomo hatte gerade den Tempel errichtet, ein Projekt, das Gott zwar schon zu Zeiten seines Vaters David angekündigt hatte, das der aber noch nicht verwirklichen konnte. Er musste erst mal die Grenzen des Reiches sichern und einen stabilen Staat aufbauen.
Das war nun geschehen, und unter Salomo wurde die Verheißung war, dass in Jerusalem das Haus Gottes stehen würde. Es war ein gewaltiger Bau, dessen Errichtung mehrere Jahre gedauert hatte. Als er fertig war, kam die ganze Bevölkerung zusammen, und er wurde feierlich eingeweiht. In den Worten Salomos schwingt die Bedeutung und Größe dieser Stunde mit. Der Tempel bildete fortan das zentrale Heiligtum. Jeder Israelit pilgerte möglichst einmal im Jahr dorthin, denn man stellte sich vor, dass Gott selbst dort Wohnung genommen hatte, oder anders formuliert: dass er dort seinen „Namen wohnen ließ“. (V.29)
Und doch wussten alle, dass der Tempel nur ein schwacher Abglanz der eigentlichen Größe Gottes darstellte. Auch wer in den gewaltigsten Dimensionen denkt, kann Gott nicht begreifen. Gott widersteht jeder Einschränkung. Es gibt keinen Raum, der ihn fassen kann, denn er erfüllt die ganze Schöpfung. Eine gottfreie Zone ist undenkbar.
Man kann Gott also nicht einsperren, nicht in Kirchbauten und auch nicht in Gedanken oder Vorstellungen, Bekenntnissen oder Worten.
Und das heißt, dass wir es auch nicht versuchen sollten. Wenn wir beten, tun wir das gerne. Wir tragen ihm unser Anliegen vor, breiten unsere Wünsche vor ihm aus und hätten ihn am liebsten als unseren Diener. Doch das ist nicht biblisch, denn in der Bibel wird Gott als der Lebendige bezeugt, der sich nicht einfangen lässt. Nicht er dient den Menschen, sondern möchte, dass sie ihm dienen. Nicht sie sollen ihn ergreifen, sondern er ergreift und beruft, wen er möchte. Sein Wille ist maßgeblich, er lenkt und führt, segnet und heilt. Es gilt, dass wir uns das vor jedem Gebet bewusst machen und es mit dieser Einstellung vollziehen, nur dann wird es wirksam und tragfähig.
III. Prediger 5, 1. 6: Nicht zu viele Worte
1 Lass dir keine unüberlegten Worte entschlüpfen, rede nicht unbedacht im Überschwang deiner Gefühle, wenn du zu Gott betest; denn Gott ist im Himmel und du bist hier auf der Erde. Deshalb geh sparsam mit deinen Worten um!
6 Denn wer sinnlosen Fantasien nachhängt, neigt zu unnützem Gerede. Du aber sollst Gott fürchten!
Der Prediger Salomo ist ein Weisheitslehrer, dem eine gewisse Durchschnittshaltung zu optimistisch und zu oberflächlich ist. Er stellt den Wert von Freude, Arbeit, Besitz und Macht in Frage, und auch die weit verbreitete Gewissheit, dass der Gerechte besteht, und der Gottlose vergeht, sieht er skeptisch. Nur eins zweifelt er nicht an, und das ist Gott als die gültige Wirklichkeit und als den Herrn, der alles in Händen hält. Gott bleibt der Herr aller Zeit und allen Zufalls. Es ist deshalb eine Illusion zu glauben, der Mensch könne mit seinem Gebet Macht über ihn gewinnen. Er soll ihn vielmehr fürchten und ehren und sich ihm unterordnen. Das rät der Prediger seinen Schülern, und dazu gehört auch die Ermahnung, im Gebet nicht zu viele Worte zu machen.
Diesen Rat können wir gut befolgen, indem wir eine Gebetspraxis der Kirche anwenden, die sich „Herzensgebet“ nennt. Es besteht darin, dass wir immer einen Satz wiederholen, wie z.B. den: „Herr, Jesus Christus, erbarme dich meiner“, und ihn mit unseren Atem verbinden: Beim Einatmen rufen wir zu ihm, beim Ausatmen bitten wir um sein Erbarmen. Wir atmen zu ihm hin und von ihm her und lassen uns mit jedem Atemzug von seinem Erbarmen durchströmen. Wir vermeiden damit „sinnlose Fantasien und unnützes Gerede“. Wenn wir uns dafür ungefähr 20 Minuten Zeit nehmen, lassen die Gedanken nach und unser Geist kommt zur Ruhe. Wichtig ist allerdings, dass wir das nicht als Übung verstehen, bei wir unsere Konzentrationsfähigkeit trainieren. Wir werden sicher zwischendurch abschweifen und den Faden verlieren. Wenn wir das merken, ist es ratsam, die Hinwendung zu Christus und die Bitte um Erbarmen einfach wieder aufzunehmen. Sie ist etwas Gegenwärtiges und wiederholt sich sowieso in jedem Augenblick. Wir kommen zu Christus, so wie wir sind, mit allem, was zu uns gehört. Das sind auch unsere Gedanken und Gefühle. Mit ihnen vertrauen wir uns ihm an und stellen uns in seine Gegenwart. Auf diese Weise wird unser Gebet einfach und wirkungsvoll.
IV. Lukas 18, 1- 8: Beständiges Beten
1 Eines Tages zeigte Jesus seinen Jüngern durch ein Gleichnis, wie wichtig es ist, beständig zu beten und nicht aufzugeben. 2 »In einer Stadt lebte ein Richter«, sagte er. »Es war ein harter, gottloser Mann, der den Menschen mit Verachtung begegnete. 3 Eine Witwe aus der Stadt sprach immer wieder bei ihm vor und forderte ihr Recht gegenüber jemandem, der ihr unrecht getan hatte. 4 Der Richter ging eine Weile über ihre Klagen hinweg, doch irgendwann wurde er ihrer müde. ›Ich fürchte weder Gott noch Menschen‹, dachte er, 5 ›aber diese Frau raubt mir den Verstand. Ich will zusehen, dass sie ihr Recht bekommt, damit sie mich mit ihren ständigen Anträgen verschont.‹« 6 Und der Herr sagte: »Aus dem Handeln dieses ungerechten Richters sollt ihr etwas lernen: 7 Wenn selbst er schließlich ein gerechtes Urteil fällte – wird Gott da nicht seinen Auserwählten, die ihn Tag und Nacht anflehen, ihr Recht verschaffen? Wird er sie vertrösten? 8 Ich sage euch, er wird ihnen Recht verschaffen, und zwar schnell! Doch wenn der Menschensohn wiederkommt, wie viele wird er dann vorfinden, die solch einen Glauben haben?«
In dem Gleichnis spricht eine Witwe bei einem Richter vor, weil er ihr in einem Rechtsstreit helfen soll. Zuerst hat er keine Lust dazu, doch schließlich verhilft er ihr zum Recht. Er will nicht länger durch ihr Kommen belästigt werden. Mit diesem Gleichnis will Jesus sagen: Gott ist anders als dieser Richter. Er hilft den Menschen, die zu ihm beten, viel eher. Er hat Geduld, handelt nicht willkürlich oder rücksichtslos, sondern langmütig und freundlich. Die Menschen müssen nur unablässig zu ihm beten.
Leider deckt sich das nicht mit unseren Erfahrungen. Wir senden viele Gebete zu Gott, die er nicht zu hören scheint. Doch es geht Jesus auch nicht um ein beharrliches Bestehen auf unseren Wünschen, sondern um ein immerwährendes Gebet angesichts des nahen Endes der Welt. Jesus sorgt sich um die ewige Rettung der Menschen. Sie sollen im Vertrauen auf Gott durchhalten. Der wiederkommende Christus wird auf Erden Menschen suchen, die wachen und beten.
Diese Ermahnung sollten wir ernstnehmen, und dabei kann die Witwe ein Vorbild für uns sein, denn sie hat eine Hoffnung gegen alle Vernunft, sie gibt nicht auf und lässt den Kopf nicht hängen. Sie sucht unermüdlich den Kontakt zu dem Richter und glaubt daran, dass er in Wirklichkeit gut ist. Und auch der Richter verdeutlicht vieles von dem, was wir von Gott erwarten können, wenn wir beten: Er hat ein Einsehen, lässt sich bewegen, hört zu und greift zum Schluss ein.
Das können wir ebenso erleben, wenn wir mit Ausdauer und Geduld zu Gott beten, denn wir sind dadurch im Gespräch mit Gott und kommen in Berührung mit der Ewigkeit. Und das gibt unserem Leben einen tiefen Halt und einen Ausblick, der uns zuversichtlich macht. Wir werden stark und getröstet. Unsere Wünsche und Erwartungen werden kleiner und unbedeutender. Und selbst der Tod wiegt nicht mehr so schwer. Es entsteht eine neue Ordnung in unserem Denken, Ruhe kehrt ein. Es ist deshalb gut, wenn wir so viel und so oft wie möglich wachen und beten und nach Gott Ausschau halten.
Predigt über Lukas 8, 4- 15: Vom vierfachen Ackerfeld
12.2.2023, 2. Sonntag vor der Fastenzeit, Sexagesimae
Gethsemanekloster Riechenberg
Lukas 8, 4- 15
4 Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu ihm eilten, redete er in einem Gleichnis:
5 Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf.
6 Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte.
7 Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s.
8 Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
9 Es fragten ihn aber seine Jünger, was dies Gleichnis bedeute.
10 Er aber sprach: Euch ist’s gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen, den andern aber in Gleichnissen, damit sie es nicht sehen, auch wenn sie es sehen, und nicht verstehen, auch wenn sie es hören.
11 Das Gleichnis aber bedeutet dies: Der Same ist das Wort Gottes.
12 Die aber auf dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden.
13 Die aber auf dem Fels sind die: wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Doch sie haben keine Wurzel; eine Zeit lang glauben sie und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab.
14 Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht.
15 Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.
„Herr, öffne mir die Herzenstür,
zieh mein Herz durch dein Wort zu dir,
lass mich dein Wort bewahren rein,
lass mich dein Kind und Erbe sein.“ (EG 197,1)
So dichtete der Dozent und spätere Superintendent in Halle Johann Olearius 1671. Er hat zahlreiche Gesänge für den Gottesdienst geschrieben. Auch diese Bitte um die richtige innere Einstellung beim Hören des Wortes Gottes gehört dazu. Wir können sie leicht nachsprechen oder singen, denn durch die Reime prägen sie sich gut ein. Und es ist ein schönes Bild, das er hier beschreibt: Er stellt sich vor, dass unser Herz eine Tür hat, durch die Jesus mit seinem Wort einziehen kann. Und er weiß: Nur wenn das geschieht, wird es wirksam und fällt auf „fruchtbaren Boden“.
Das ist ein Bild aus dem Gleichnis Jesu, das wir eben gehört haben, mit dem Jesus dasselbe zum Ausdruck bringt. Es ist eine Geschichte aus dem Alltag der Bauern. Der Sachverhalt war aber allgemein bekannt: Wenn ein Sämann damals ausging, um seinen Samen zu säen, gab es viel Misserfolg. Ein Teil der Saat landete z.B. auf dem Weg. Damit ist der Trampelpfad gemeint, der quer durch das Feld und auch am Rand verlief, damit überhaupt gesät werden konnte. Was auf diesen Pfad fiel – und das ließ sich nicht vermeiden – , wurde nach dem Aufkeimen gleich zertreten oder von den Vögeln aufgepickt. Es war für die Ernte verloren.
Genauso verhielt es sich mit der Saat, die auf Felsboden fiel, der nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt war. Diesem Boden fehlte die Feuchtigkeit, die das Gekeimte zum Reifen bringt. Beim Aussäen wurden auch diese Flächen mit bedacht, doch es wurde kein reifes Korn daraus.
Und der dritte Fall des Misserfolges beschreibt den mit Dornen zusammen aufgehenden Samen, der erstickt wird. Mit den Dornen ist mehrjähriges, unterirdisch ausdauerndes, stacheliges Unkraut gemeint, das dem Getreide seinen Lebensraum nimmt.
Nur der Same, der in feuchten und freien Mutterboden fällt, bringt endlich Frucht. Das wird ganz knapp berichtet, aber die Freude über die gelungene Aussaat wird doch festgehalten und mit der großen Zahl der Körner bei der Ernte beschrieben. Ein Same trug „hundertfältige Frucht“, das ist etwa das Maximum dessen, was ein Weizenkorn hervorbringen kann.
Das ist das Gleichnis, und dem folgt noch eine Deutung: Der Same und das Wort Gottes werden gleichgesetzt. Mit den Samenkörnern verhält es sich wie mit der Anrede Gottes an den Menschen, die ganz unterschiedlich damit umgehen. Selbst wenn sie es hören, heißt das noch lange nicht, dass sie auch daran glauben und dadurch gerettet werden. Es kann sein, dass der Teufel es wieder aus ihren Herzen reißt. Andere nehmen das Wort zwar an, aber die Wirkung ist zeitlich begrenzt. Die Begeisterung hält nicht lange, weil anderes interessanter und vielversprechender zu sein scheint. Die Dritten sind diejenigen, die das Wort ebenfalls annehmen, aber dann wird die Botschaft von Sorgen, Reichtum und Lüsten der Welt erstickt. Nur einige hören das Wort Gottes so, dass sie es auch in ihrem Herzen bewahren, es reifen und gedeihen lassen, so dass es dann im Laufe der Zeit zur Frucht kommt.
Und natürlich möchte Jesus, dass seine Hörer zu den Letzten gehören. Er fordert dazu auf, dass wir uns für das Wort Gottes öffnen, damit leben und es in uns wirken lassen. Wir müssen darauf achten, dass wir uns das Wort nicht rauben lassen, nicht bei der Anfangsbegeisterung stehen bleiben und uns von den irdischen Schwierigkeiten oder Freuden nicht ablenken lassen.
Denn das Wort Gottes ist nicht einfach nur eine gesprochene Rede oder eine geschriebene Abhandlung. Oft gehen wir damit ja so um: Wir hören oder lesen es, aber dann denken wir darüber nach, ordnen es ein, analysieren es. Vielleicht vergessen wir es auch schnell wieder, es geht in den vielen anderen Dingen, die wir aufnehmen, unter.
Das liegt natürlich auch daran, dass es oft nicht ganz einfach ist, das Wort Gottes zu verstehen. Es steht in der Bibel, und die ist für uns in weiten Teilen fremdartig, widersprüchlich und manchmal auch ärgerlich. Bei vielen Stellen wissen wir gar nicht, was wir damit anfangen sollen, oder lehnen sie von vorne herein ab. Das hat auch Martin Luther erlebt.
Aber er hat sich davon nicht beirren lassen. Er sagte dazu einmal: „Ich lese die Bibel, wie ich meinen Apfelbaum ernte: Ich schüttle ihn, und was runterkommt und reif ist, das nehme ich. Das andere lasse ich noch hängen.“ Und an einer anderen Stelle hat er bemerkt: „Ist ein dunkler Spruch in der Schrift, so zweifelt nur nicht, es ist gewisslich dieselbe Wahrheit dahinter, die an anderer Stelle hell und klar zu verstehen ist.“ Er hat sich also nicht darauf versteift, dass einiges schwer zu verstehen war, und es deshalb abgelehnt, sondern er hat abgewartet, bis es sich ihm erschloss. Er war davon überzeugt, dass das Wort Gottes in Wirklichkeit ganz nah war und ihm jederzeit begegnen konnte. Er hat sicher auch die Erfahrung gemacht, dass Gott nicht nur durch die Heilige Schrift zu ihm sprach. Er tat es in vielfältiger Weise.
Und das können auch wir erleben. Die Predigt ist z.B. dafür da, Gottes Wort verständlich zu machen. Es kann aber auch bei der Lektüre eines anderen geistlichen Textes zu uns kommen, in Gesprächen oder Erlebnissen, im Gottesdienst und in der Andacht, in der Stille und beim Gebet. Es ist überall lebendig, und deshalb ist es wichtig, dass wir unseres „Herzens Tür öffnen“. Wir müssen innerlich hören, und damit rechnen, dass etwas in uns verändert wird, und zwar zum Guten.
Das Wort Gottes möchte immer heilsam wirken. Jesus Christus kommt darin zu uns, mit seiner Gnade und seinem Erbarmen. Er sucht uns und will uns retten. Er liebt uns und schenkt uns sich selber. Wir sind nicht mehr allein, wenn sein Wort uns erreicht, wir werden getröstet und gestärkt, aufgefangen und ermutigt. Jesus „zieht unser Herz durch sein Wort zu sich selber“ und macht uns zu seinen „Kindern und Erben“.
Es ist deshalb gut, wenn wir nicht nur hinhören, sondern gleichzeitig wachsam und aufmerksam sind. Auch das Gehorchen gehört dazu, die Bereitschaft, uns in Bewegung zu setzen und uns heilen zu lassen.
Wenn das geschieht, fällt Gottes Wort auf fruchtbaren Boden und kann in der Tiefe unserer Seele wirken. Wir können mit Johann Olearius bekennen:
„Dein Wort bewegt des Herzens Grund,
dein Wort macht Leib und Seel gesund,
dein Wort ist’s, das mein Herz erfreut,
dein Wort gibt Trost und Seligkeit.“ (EG 197,2)
Amen.