Lebt im Licht

Predigt über Epheser 5, 1- 9: Weisungen für das neue Leben

Donnerstag, 9.3.2023, zum 3. S. d. Passionszeit, Okuli, Altenzentrum St. Nicolai, Kiel

Epheser 5, 1- 8

1 So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder
2 und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.
3 Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört.
4 Auch schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung.
5 Denn das sollt ihr wissen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger – das sind Götzendiener – ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes.
6 Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams.
7 Darum seid nicht ihre Mitgenossen.
8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts;
9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Liebe Gemeinde.

Es ist eine alte Tradition, in der Fastenzeit einmal auf irgendetwas zu verzichten, was uns sonst Spaß macht. Viele von uns machen da auch mit und leben „sieben Wochen ohne“. Es können Süßigkeiten sein, Alkohol oder Fernsehen. In den letzten Jahren wurden von der Kirche auch bestimmte Haltungen kritisch betrachtet, die wir einmal ändern können. In diesem Jahr ist das Motto z.B.: „Leuchten! – Sieben Wochen ohne Verzagtheit“. Wir wollen damit unsere Laster und negativen Gewohnheiten bekämpfen, wenigstens vorübergehend, und weniger weltlich und lustvoll sein, positiver und mutiger. Auch ernsthafter und innerlicher soll es zugehen. Wir besinnen uns auf das Wesentliche.

Deshalb lesen wir in dieser Zeit Abschnitte aus der Bibel, die uns dazu ermahnen. Der Predigttext aus dem Epheserbrief gehört auch dazu. Allerdings klingt der nun sehr ungemütlich, denn wir werden darin regelrecht unter Druck gesetzt und uns wird Angst gemacht: Wir sollen einen einwandfreien Lebenswandel führen, wie die Heiligen, sonst kommen wir nicht in den Himmel. Uns wird mit schlimmen Folgen gedroht, wenn wir nicht gehorchen: Gott verstößt uns dann und wendet sich gegen uns. Und das geht uns wahrscheinlich zu weit. So etwas wollen wir nicht hören. Wo sind denn da die Gnade und die Liebe Gottes? Das fragen wir uns. Die liturgische Konferenz unserer Kirche – das ist die Gruppe, die festlegt, was wir an den jeweiligen Sonntagen lesen – hat deshalb auch angeboten, diese Stelle aus dem Briefabschnitt wegzulassen, sie stehen in Klammern, und nur das Positive und Angenehme zu lesen, das wir gerne hören.

Das können wir natürlich tun, dann wird es sehr viel einfacher, diesen Text zu verstehen. Er beginnt z.B. sehr schön. Gleich der erste Satz lautet: „So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder. Und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat.“ Allem, wozu wir als Christen aufgefordert werden, geht also etwas vorweg: Wir sind Gottes geliebte Kinder. Das wird hier vorausgesetzt. Und das heißt: Er vergibt uns immer wieder, nimmt uns an und ist freundlich zu uns. Wir müssen uns den Himmel nicht verdienen. Die Ermahnung besteht lediglich darin, ihn jetzt schon in unser Leben hineinzulassen. Die Liebe Gottes soll unser Handeln prägen.

Es geht hier schon um den Willen Gottes, das lässt sich nicht übersehen, aber der ist kein Gesetz, sondern eine Kraft, die unser Leben gestalten kann. Was Gott uns geschenkt hat, soll unser Leben formen. Unser Leben soll ruhig und ausgeglichen sein, von Dank und Freude geprägt, Freiheit und Fröhlichkeit. Zum Schluss wird das noch mit einem sehr schönen Bild beschrieben. Paulus sagt am Ende: „Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.“ Es geht also um Kraft und Licht, um Ordnung und Heil, um ein gelingendes und erlöstes Leben. Und das hören wir gerne, das verstehen wir und damit können wir etwas anfangen.

Trotzdem finde ich es unklug, die eher scharfen Worte ganz zu ignorieren, denn ob das Leben gelingt oder nicht, ist durchaus ein ernstes Thema. Oft ist das Licht nämlich nicht da. Das sollten wir zugeben. Unser Leben ist eher selten hell und voller Freude. Über weite Strecken ist es von Sorgen und Ängsten gekennzeichnet, von Verzagtheit oder Ärger, Krankheit und Schmerzen, oder auch von Konflikten und Spannungen. Das Leid nimmt einen großen Teil unseres Lebens ein und sucht uns immer wieder heim. Es geht also um die Frage, wie wir damit am besten umgehen. Was hilft uns und wie werden wir befreit?

Wir versuchen es oft selber, indem wir uns ablenken und zerstreuen. Wir suchen die Lösung im Vergnügen, bei anderen Menschen oder in der Psychologie. Wir veranstalten ganz viel, damit es uns gut geht. Doch obwohl einiges davon nicht schlecht ist, reicht es oft nicht. All diese weltlichen Methoden sind meistens nur Tropfen auf den heißen Stein, sie retten uns nicht, sind vergänglich und vieles davon ist letzten Endes nutzlos. Wir lenken uns damit zwar vorübergehend ab, aber nichts davon geht wirklich in die Tiefe. Irgendwann sind die Probleme wieder da, oder es kommen neue. Was wir uns unter dem „Reich Gottes“ vorstellen ist weit weg und scheint unerreichbar. Wir brauchen also gar keine biblische Drohung, mit der uns vor Augen gehalten wird, wie schwierig alles sein kann, weil das Leben selbst es uns zeigt. Oft wendet es sich gegen uns. Es ist deshalb gut, wenn wir noch auf etwas anderes achten, als die menschlichen Stimmen, und das kann die Stimme Gottes sein. Wenn wir sie überhören, gehen wir von selber unter und bleiben verloren. Das will unser Text uns sagen.

Deshalb ist es gar nicht so schlecht, wenn wir ihn doch ganz lesen. Wir werden aufgefordert, uns zu hinterfragen, und das kann durchaus heilsam sein. Auch wenn es nicht „Unzucht und Götzendienst“ ist, „Habsucht und Unreinheit“ wie Paulus es hier anprangert, so können wir die Gegenwart Gottes mit unserem Lebenswandel zudecken. Wir können unsere Ohren mit Lärm füllen und unseren Geist davon ablenken. Wir können mit unseren Bemühungen und Gewohnheiten verhindern, dass Gott an uns wirkt. Es ist eben nicht egal, wie wir unser Leben führen. Wenn die erlösende Kraft der Liebe Gottes darin vorkommen soll, dann müssen wir uns auch lieben lassen, dann müssen wir uns dafür öffnen und bereiten. Das steckt hier als Ermahnung dahinter.

Dabei ist das wichtigste die Danksagung. Sie soll an die Stelle von all dem anderen treten soll, und das heißt, dass ich mich einfach in die Hand Gottes lege, gerade wenn es mir nicht so gut geht. Anstatt mich anzustrengen oder abzulenken, kann ich mich daran erinnern, dass ich mich Gott verdanke. Ich kann mir vorstellen, dass er mich liebt und leitet, dass ich sein Kind bin. Dann nehme ich ihn ernst und lasse ihn in mein Leben hinein. Und dazu will Paulus uns hier einladen. Denn nur dann kann Gott auch an uns wirken. Aber das kann er dann endlich, und das ist heilsamer und befreiender als alles andere.

Paulus spricht ja von einem Licht, das heller ist, als unsere Finsternis. Und das ist ein sehr schönes Bild. Wir sehnen uns jetzt alle nach dem Frühling, nach Sonne und Wärme. Wir wollen endlich wieder auf dem Balkon oder im Garten oder im Park sitzen und uns mal bescheinen und wärmen lassen. Gerade die ersten warmen Sonnenstrahlen haben da einen ganz besonderen Wert. Sie machen uns froh und heiter, wir fühlen uns ganz neu belebt und gestärkt. Und so ist das hier auch gemeint: Wir sollen uns einfach einmal selber loslassen und uns dem Licht Gottes überlassen, uns ihm anvertrauen und ihm danken.

Dann tut er etwas, das können wir sofort merken. Er erfüllt unser Leben mit seiner Gegenwart und dadurch kommt es ganz von selber in Ordnung. Viele Probleme lösen sich auf. Wir machen uns nicht mehr so viele Sorgen, weil wir wissen, Gott sorgt für uns. Auch Spannungen und Konflikte verschwinden, weil wir gar nicht mehr so viel von den anderen Menschen wollen und erwarten. So wie Gott uns einfach sein lässt, so können wir auch andere sein lassen. Und wenn wir krank sind, dann wird uns plötzlich ganz viel Geduld geschenkt.

Leonard Cohen hat einmal gesungen: „There’s a crack in everything, that’s how the Light gets in”. Das heißt auf Deutsch: „Da ist ein Riss in allen Dingen, dadurch fällt das Licht hinein.“ Wir müssen die Brüche und Risse in unserem Leben also gar nicht krampfhaft flicken und schließen. Sie sind da und gehören dazu, und gerade durch sie kann das Licht Gottes in unser Leben hineinleuchten. Und das ist viel wirkungsvoller als alle unsere eigenen Erleichterungsversuche. Nicht mehr das Bemühen, uns selbst zu retten und zu erlösen, prägt dann unseren Lebenswandel, sondern wir sind erfüllt von der Liebe und dem Licht Christi.

Und dazu ist die Fastenzeit gedacht, dass wir uns darin üben. Wir können sie gut dazu nutzen, bei der Liebe Gottes mitzumachen und uns seinem Licht auszusetzen. Dann ist das, was wir tun, auch nicht nach sieben Wochen vorbei, sondern dieses Licht bleibt. Es begleitet uns auch durch den Rest des Jahres und macht uns gewiss, dass wir immer „Gottes geliebte Kinder“ sind.

Amen.

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