Die Einheit der verschiedenen Kirchen

Predigt über Apostelgeschichte 2, 22- 23. 32- 33. 36- 39:
Aus der Pfingstpredigt des Petrus

Pfingstmontag, 11.00 Uhr, St. Nikolaus
Ökumenischer Gottesdienst

Liebe Gemeinde.

Wenn Sie sich die Liste der christlichen Konfessionen ausdrucken, die bei Wikipedia im Internet zusammengestellt ist, kommen Sie auf 16 DinA-4 Seiten, und Sie können ungefähr 350 verschiedene Kirchen oder Gruppen zählen. Sie sind in neun große Traditionen eingeteilt, davon sind die ersten drei die Ostkirche, die katholische Kirche und die evangelische Kirche. Aber jede dieser großen Konfessionen hat jeweils viele Untergruppen.
Sie haben sich alle irgendwann durch Abspaltungen gebildet, denn es gab immer und überall Auseinandersetzungen über die Bräuche im Gottesdienst, die Kirchenordnung, Theologie und Frömmigkeit. Einige Kirchen sind auch durch geographische oder politische Entwicklungen entstanden. Dadurch ist die Vielfalt der christlichen Konfessionen so groß.
Als Gegenbewegung gibt es die Ökumene. Darunter versteht man die Bemühungen vieler Christen und Kirchen, die verschiedenen Konfessionen wenigstens wieder zum gemeinsamen Handeln zu führen. Man will von den Spaltungen absehen und die Einheit aller Christen betonen. Denn aus Liebe zu Jesus darf die Kirche niemals aufhören, sich um Versöhnung zu bemühen und für die Vergebung der Schuld ihrer Kinder und die der anderen zu beten. So hat es das Zweite vatikanische Konzil formuliert. Es heißt dort: „Miteinander können wir alle nur dem Herrn danken für die Wege der Einheit, die er uns geführt hat, und in demütigem Vertrauen einstimmen in sein Gebet: Lass uns eins werden, wie du mit dem Vater eins bist, damit die Welt glaube, dass er dich gesandt hat“.
Unser Gottesdienst heute ist dazu ein kleiner Beitrag, und es passt gut, dass wir ihn zu Pfingsten feiern. Denn das ist das Fest, an dem wir uns an die Anfänge der Kirche erinnern, an den Ursprung unseres Glaubens und damit an das, was uns bis heute vereint. Es ist der Geist Jesu Christi, der uns allen in gleicher Weise geschenkt wurde und unsere Kirchen und Gemeinden lebendig macht.
Der Bericht darüber steht am Anfang der Apostelgeschichte, und ein Teil daraus ist heute unser Predigttext. Er lautet folgender maßen:

Apostelgeschichte 2, 22- 23. 32- 33. 36- 39

22 Israeliten, hört diese Worte: Jesus, den Nazoräer, den Gott vor euch beglaubigt hat durch machtvolle Taten, Wunder und Zeichen, die er durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst –
23 ihn, der nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben wurde, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht.
32 Diesen Jesus hat Gott auferweckt, dafür sind wir alle Zeugen.
33 Nachdem er durch die rechte Hand Gottes erhöht worden war und vom Vater den verheißenen Heiligen Geist empfangen hatte, hat er ihn ausgegossen, wie ihr seht und hört.
36 Mit Gewissheit erkenne also das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt.
37 Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder?
38 Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.
39 Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung und all denen in der Ferne, die der Herr, unser Gott, herbeirufen wird.

Das sind Verse aus der Pfingstpredigt des Petrus. Nachdem er und die anderen Jünger den heiligen Geist empfangen hatten, „trat er auf und erhob seine Stimme“. Viele Menschen hörten ihn, vor allen Dingen natürlich Israeliten, denn sie waren in Jerusalem zum Pfingstfest zusammen gekommen. Ihnen galt die Predigt auch, das wird an der Anrede deutlich, mit der Petrus hier erneut einsetzt. Er hält ihnen vor, dass sie Jesus verworfen haben. Er war aber von Gott auserwählt, das konnte man an den Zeichen und Wundern erkennen, durch die Gott ihn ausgewiesen hatte. Sie hätten das Handeln Gottes durch Jesus also erkennen und an ihn glauben können. Stattdessen haben sie ihn dem Tod ausgeliefert. Das war zwar im Ratschluss Gottes auf geheimnisvolle Weise begründet, aber dadurch sind sie nicht freigesprochen. Sie haben ihre Augen vor der Gegenwart Gottes in Jesus verschlossen und sich damit dem Heil widersetzt. Das ist der erste Gedanke, den Petrus hier formuliert.
Doch er bleibt nicht bei diesem Vorwurf gegen das heillose Handeln, das sich gegen Gott gerichtet hat. Als zweites stellt das er das schöpferische Eingreifen Gottes dar, das sich als übermächtig erwiesen hat. Der Tod musste weichen. Er konnte Jesus nicht festhalten, sondern war gezwungen, ihn zum Leben freizugeben. Gott hat den Sieg über den Tod herbeigeführt, indem er „diesen Jesus auferweckt hat“. Das ist die zweite triumphierende Aussage, die Petrus hier macht.
Als drittes beschreibt er dann, wie Jesus anschließend von Gott erhöht wurde und den Geist ausgesandt hat. Jesus hat Anteil bekommen an der Herrschaft Gottes. Er ist Träger göttlicher Macht, und deshalb konnte er den Geist senden. Die Menschen empfangen ihn durch die Vermittlung Jesu.
Darum folgt als viertes der Ruf zur Umkehr: Wer gerettet werden will, muss an Jesus Christus glauben und sich das Geschehen seines Todes, seiner Auferstehung und Erhöhung aneignen.
Das ist der Inhalt der Pfingstpredigt des Petrus, und die traf die Zuhörer „mitten ins Herz“. Es war wie ein Stich, der durch ihr Innerstes hindurchging. Sie fragten deshalb gleich, was sie tun sollten, und Petrus erklärte es ihnen: Das Bekenntnis zu Jesus als dem Christus, dem Sohn Gottes, kann durch Buße und den Vollzug der Taufe auf den Namen Jesu erfolgen. Dadurch entsteht eine heilbringende Beziehung zwischen Jesus und dem Glaubenden. Sie wirkt Vergebung und Empfang des Heiligen Geistes.
Die Geschichte geht dann so weiter, dass sich wirklich sehr viele taufen ließen, an die 3000 Menschen. Damit war die erste Gemeinde gegründet, die den Grundstein der Kirche bildet.
Und es ist gut, dass wir uns daran heute erinnern, denn das verlieren wir oft aus dem Blick. Wir gehören alle zur Kirche dazu, zu verschiedenen Konfessionen und Gemeinden, d.h. wir glauben an Jesus Christus und leben das auch. Doch was das im Innersten bedeutet, vergessen wir manchmal. Denn wir gehen oft in all den Dingen und Ereignissen auf, die es in unsren Gemeinden gibt. Wir besuchen Gottesdienste und Veranstaltungen, engagieren uns und bringen uns ein, treiben Theologie und Religionswissenschaft. Und häufig halten wir das alles für das Wesentliche, darin erschöpft sich unser Christsein.
Und deshalb kommt es zwangsläufig zu Unterscheidungen. Kein Mensch ist wie der andere, und so ist es auch verschiedenartig, wie wir unseren Glauben leben. Denn jeder und jede hat ihre Geschichte, ihre Prägung und ihre Theologie, und das betonen wir auch gerne. Die Unterschiede gewinnen an Bedeutung, wenn wir darin aufgehen, was wir als Christen alles so denken und veranstalten. Und so kommt es zwangsläufig zu Trennungen und Abspaltungen, denn so viele Menschen können sich unmöglich auf eine Form oder eine Denkweise einigen. Der Weg zur Einheit der Kirche kann deshalb auch nicht darin bestehen, dass wir darüber diskutieren, wie wir am besten den Gottesdienst feiern, die Kirche verstehen usw.
Wir müssen uns vielmehr auf den Ursprung besinnen und immer wieder den Geist Christi empfangen. Christus ist auferstanden, er sitzt zur Rechten Gottes und das heißt, er ist mitten unter uns. Er ruft uns jeden Tag zur Umkehr, d.h. zum Blick auf ihn. Er möchte, dass wir ihn erkennen und seine große Macht, dass wir Hoffnung haben angesichts des Todes und Mut zum Leben. Auch unser Herz muss immer wieder durchdrungen werden von seinem Geist, wir müssen uns im Innersten treffen und „verwunden“ lassen. Das ist das Entscheidende an unserem Glauben, da beginnt die Kirche und Einheit, nach der wir uns sehnen. Denn der Geist und die Kraft Christi ist einer. Es gilt, dass wir uns in der Mannigfaltigkeit des Lebens immer wieder auf diesen Einen gründen, ihn erfassen und in uns hineinlassen.
Damit beginnt die Ökumene, denn dann spielt es keine Rolle mehr, ob es drei oder 350 verschiedene Kirchen gibt, entscheidend ist etwas ganz anderes: Es ist die lebendige Gegenwart des Geistes Christi, der uns alle durchdringt und eint.

Wir wollen uns für den Heiligen Geist Christi deshalb jetzt öffnen und ihn in unser Herz einziehen lassen. Wir werden still, und jeder und jede hat Zeit für sich selber.
Sie sind eingeladen, sich daran zu erinnern, wie es in Ihrem Leben war, als Sie zum Glauben kamen. Und wie haben Sie den Weg in die Gemeinde gefunden?
Sie können an diese Erfahrungen anknüpfen, um neu zu spüren, dass der Geist Christi immer noch lebendig ist und uns alle in Bewegung setzt.
Amen.


Nach der Predigt bestand die Möglichkeit, über die Fragen nachzudenken.

Dann haben wir uns  gegenseitig Anteil an unseren Gedanken gegeben. Vier Teilnehmende hatten ein persönliches Bekenntnis vorbereitet. Es waren Antworten auf folgende Fragen:
1. Wie der Glaube in mir erwachte
2. Wie ich zur Gemeinde kam
3. Was ich in der Gemeinde tue
4. Was ich in der Ökumene tue

Anschließend wurden alle eingeladen, zu einer oder mehrerer der vier Fragen ebenfalls ein persönliches Bekenntnis zu formulieren und es auf eine Karte zu schreiben. Die Karten hatten bewusst die Farbe und Form eines Ziegelsteins und wurden in den Umriss einer Kirche eingefügt.  Auf diese Weise wurde versinnbildlicht, dass sich die Kirche aus uns allen mit unseren verschiedenen Wegen und Erfahrungen zusammensetzt.

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