Solus Christus – Allein durch Christus

Predigt über Johannes 14, 1- 6: Jesus, der Weg zum Vater

Sommerpredigt „Solus Christus“, 13.8.2017,
11 Uhr, Jakobikirche Kiel

Der Gottesdienst enthielt die zweite Sommerpredigt über die sogenannten „vier Soli“. Heute war das Thema: „Solus Chritus – Allein durch Christus werden wir gerettet“. Für die Reformatoren hieß das, dass  in Chritus  die ganze göttliche Wahrheit beschlossen liegt. Sie grenzten sich damit gegenüber der Vorstellung ab, dass auch Heilige, Kirchenvertreter oder andere menschliche Instanzen uns erlösen können. Gottes größte Tat, sein erlösendes Geschenk an uns ist sein Sohn Jesus Christus.
Dieser Grundsatz kommt an verschiedenen Stellen im Neuen Testament zum Ausdruck. Schön ist z.B. der Vers aus der Offenbarung: „Christus spricht: Ich bin das A und O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ (Offenbarung 22,13) Es ist praktisch das letzte Wort der Bibel. Bei Luther fnden wir in diesem Zusammenhang einen Vers aus dem ersten Brief an Timotheus: „Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus.“ (1. Timotheus 2,1-7)
Der Predigt habe ich die Selbstaussage Jesu zu Grunde gelegt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Sie überschneidet sich in weiten Teilen mit der Neujahrspredigt dieses Jahres, die ich ebenfalls zu dieser Bibelstelle gehalten habe.

Johannes 14, 1- 6

1 Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!
2 In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn’s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?
3 Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin.
4 Und wo ich hingehe, den Weg wisst ihr.
5 Spricht zu ihm Thomas: Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst; wie können wir den Weg wissen?
6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.

Liebe Gemeinde.

Die lateinische Formel „solus Christus“ ist ein kurzer Ausdruck für einen theologischen Grundsatz der Reformation. Dieser Grundsatz lautet, dass Jesus Christus der alleinige Heilsmittler ist. In Christus allein ist Gott eindeutig zu finden, und an Christus allein soll der Mensch glauben.
So erklärte Luther im Kleinen Katechismus: „Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria geboren, sei mein Herr, der mich verlornen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels; nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben; damit ich sein eigen sei und in seinem Reich unter ihm lebe und ihm diene in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit, gleichwie er ist auferstanden vom Tode, lebet und regieret in Ewigkeit.“ (Martin Luther, der kleine Katechismus, das zweite Hauptstück der Glaube, Erklärung zum zweiten Artikel von der Erlösung)
Die Grundlage für diesen Glauben finden wir natürlich im Neuen Testament, in den Evangelien und in den Briefen der Apostel. Im Johannesevangelium finden wir dazu besonders schöne Aussagen, denn da erhebt Jesus selber diesen Anspruch, und zwar mit den sogenannten „Ich-bin-Worten“. Er offenbart mit diesen Sätzen, dass er von Gott kommt und den Menschen das Heil bringt. Fünf davon sind bildhaft gemeint: „Ich bin das Brot des Lebens (6,35), das Licht der Welt (8,12), die Tür (10,9), der gute Hirte (10,14) und der wahre Weinstock (15,5)“. Und dann gibt es noch zwei Aussagen, die stehen im Zusammenhang mit dem Tod und der Auferstehung Jesu. Sie lauten: „Ich bin die Auferstehung (11,25), der Weg, die Wahrheit und das Leben (14,6).“ Und bei diesem letzten Satz betont Jesus zugleich die Ausschließlichkeit, das „solus“, indem er sagt: „niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“ Dieses Ich-bin-Wort bringt deshalb am klarsten zum Ausdruck, was es heißt, dass „Jesus allein“ das Heil bringt.
In der Rede, in der es vorkommt, spricht Jesus mit seinen Jüngern, kurz bevor er sie für immer verlässt, und er erklärt ihnen seine Sendung, den Glauben und das Ziel des Lebens. Dabei will er seine Jünger hauptsächlich trösten und beruhigen, denn natürlich waren sie erschüttert, dass die Trennung von ihm bevorstand. Sie hatten Angst, ihn zu verlieren und mit ihm das Leben. Denn das hatte er ihnen in ganz neuer Weise ermöglicht: Sie waren durch ihn Gott nahe gekommen. Sollte das alles nun vorbei sein? Das fragten sie sich, und Jesus wusste das. Deshalb sagt er als erstes: „Euer Herz erschrecke nicht!“ Er ermutigt sie zum Glauben an Gott und an ihn. Und dann folgt das Bild von dem „Haus Gottes mit den verschiedenen Wohnungen“. So stellten sich die Propheten des Alten Testamentes die himmlische Welt vor. Jesus nennt diesen göttlichen Ort das „Haus meines Vaters“, und er verheißt seinen Jüngern, dass es das Ziel ihres Lebens sein wird.
Und der Weg dorthin ist er selber. Das sagt Jesus mit dem Satz: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Jesus offenbart hier also wie gesagt, wer er ist, und er nennt gleich drei Titel: „Weg, Wahrheit und Leben“. Aus dem Zusammenhang kann man schließen, dass der Nachdruck auf dem „Weg“ liegt: Jesus ist der Weg zum Vater. Jesus erläutert das noch durch die beiden anderen Begriffe: Er ist der Weg zum Vater, weil in ihm die Wahrheit und das Leben liegen. Er hat die „Wahrheit“ Gottes ja offenbart, er hat den Menschen das Heil gezeigt und angeboten, und dadurch hat er ihnen „Leben“ vermittelt. Damit meint Jesus die ganze Fülle des Lebens, die Erlösung von den Sünden, Befreiung aus der Gewalt des Bösen und die Überwindung des Todes, wie Luther es erklärte. Denn er führt jeden, der an ihn glaubt, in die göttliche Wirklichkeit, er lässt ihn am Leben Gottes teilhaben, des lebendigen Vaters und Ursprungs. Deshalb ist Jesus der „Weg“ zum Vater. Er führt die Gläubigen in die Gemeinschaft mit ihm und damit zum Ziel ihres Lebens.
Das ist hier die Botschaft, und damit kann Jesus die Jünger kurz vor der Trennung tatsächlich gut aufrichten und ermutigen, denn sie ist sehr tröstlich.
Für uns sind das ebenso beruhigende Worte, die uns zeigen, wo es lang geht. Wir müssen sie nur in unser Leben übertragen, und dafür ist das Bild von dem Weg und dem Ziel sehr gut geeignet. Auch unabhängig davon, wie Jesus es hier einsetzt, können wir unser Leben damit beschreiben: Es ist wie eine Wanderung, bei der wir eine Vorstellung davon haben, wo wir hin wollen. Denn unser Leben geht Tag für Tag weiter, und wir haben immer etwas vor Augen, das wir erreichen möchten. Wir haben Wünsche und Träume, Pläne und Vorhaben. Dabei muss es sich gar nicht um irgendetwas Besonderes oder Individuelles handeln. Es gehört zu unserer menschlichen Natur, dass wir uns vorstellen, wie unser Leben am besten sein soll. Das fängt schon damit an, dass wir alle gerne gesund sein wollen. Krankheiten mögen wir nicht, und wir tun viel, um sie zu verhindern und auszukurieren. Aber das ist nicht alles. Auch Erfolg ist ein ganz natürlicher Wunsch, ob im Beruf oder im privaten Bereich. Und natürlich will niemand allein sein. Das Streben nach Gemeinschaft ist ein weiteres allgemeines Ziel, das wir alle teilen. Wir wünschen uns Zuwendung und Liebe.
Doch erreichen wir das auch? Wer zeigt uns den Weg? Wer sorgt dafür, dass wir uns nicht verirren? Der Gedanke an die Zukunft ist immer mit Unsicherheit verbunden, eventuell sogar mit Angst und Sorge. Das Leben gelingt nicht einfach so, der Druck ist manchmal groß.
Und dahinein ist das Wort Jesu eine wunderbare Botschaft. Um die zu verstehen, ist es gut, wenn wir es von hinten lesen und zunächst auf das Ziel achten, dass Jesus vor Augen hatte: „zum Vater kommen“, darum geht es ihm, das wollte er und das bietet er seinen Jüngern an. Auch für Luther war das die entscheidende Frage: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Wie kann ich „sein eigen sein und in seinem Reich unter ihm leben und ihm dienen in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit?“
Das war Luthers größte Sorge, und damit nennt er – genauso wie Jesus – ein ganz anderes Ziel, als wir es heutzutage normaler Weise tun. Es ging ihm nicht um etwas Innerweltliches, sondern um die ewige Heimat bei Gott. Und er hat erkannt und geglaubt, dass wir sie „allein durch Jesus Christus“ erreichen können.
Damit stellt er uns etwas vor, auf das auch wir einmal unser Interesse lenken sollten, denn es ist etwas Großes und Wunderbares. Alles andere ist von vorne herein kleiner, denn dieses Ziel weist über die Welt hinaus. Wir sollten deshalb einmal alles, wonach wir uns sehnen, auf diesem Hintergrund überprüfen und uns fragen: Ist es wirklich so wichtig? Ist es nicht viel entscheidender, dass uns unsere Sünden vergeben werden, dass wir dem Bösen entkommen und den Himmel nicht versäumen? Es reicht schon, diese Ziele in den Vordergrund zu stellen, damit der Druck, den wir uns normaler Weise machen, von uns abfällt. Es geht uns dann gleich viel besser.
Doch Jesus malt uns nicht nur dieses schöne Ziel vor Augen, er spricht gleichzeitig von dem Weg, der dorthin führt, und das ist gut, denn wie sollen wir den kennen? Jesus weiß, dass das nicht möglich ist. Ein Ziel, das über die Welt hinausweist, können wir von uns aus nicht erreichen. Das ist Jesus klar. Und er sagt auch nicht nur: Ich helfe euch, steh euch bei und zeig euch den Weg, sondern: „Ich bin der Weg“, und das heißt, wir müssen nur auf ihn vertrauen.
Es geht im Glauben nicht darum, dass wir aus eigener Kraft gut werden oder zum Vater kommen. Wir müssen uns vielmehr auf Jesus einlassen. Wir können uns entspannen, auf „sein heiliges, teures Blut“ vertrauen, und an „sein unschuldiges Leiden und Sterben“ glauben. Dann werden wir aus dem Bereich des Todes und des Teufels befreit und in die göttliche Wirklichkeit geführt. Jesus bringt die Gläubigen in die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, und damit zum wahren Ziel ihres Lebens.
Und dabei gibt es auch kein Verirren, das ist praktisch ausgeschlossen. Wer auf Jesus vertraut, ist auf der sicheren Seite, ganz gleich, was sonst alles im Leben geschieht. Selbst wenn wir andere Ziele nicht erreichen, sind wir weiter geborgen. Die Gemeinschaft mit Gott lässt sich durch nichts zerstören, im Gegenteil: Sie gibt uns Halt und Trost, wenn einmal etwas schief geht. Wenn wir krank werden, Niederlagen erleiden und einsam sind, dann bleibt Gott trotzdem bei uns, dann sind wir weiter in seiner Nähe. Im Leben und im Sterben kann uns nichts von ihm trennen.
Das ist der große Trost, den Jesus uns hier gibt. Wenn wir ihn annehmen, sind wir in Ewigkeit geschützt und bewahrt. Wir empfangen Kraft und Zuversicht, wir werden gelassen und hoffnungsvoll. Ängste verschwinden, innere Fesseln lösen sich. Und auch heute noch geschieht das „allein durch Christus“, denn er ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben.“
Amen.

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