Der dreieinige Gott

Predigt über 2. Korinther 13, 11- 13: Grüße und Segenswunsch
zum Sonntag Trinitatis, 14.6.2025, 18Uhr, Lutherkirche Kiel

2. Korinther 13, 11- 13

11 Zuletzt, liebe Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein.
12 Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen.
13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde.

„Herzliche Grüße“, „alles Liebe“ oder „bleib gesund“, das sind Formeln, mit denen wir gerne Briefe oder Nachrichten beenden. Wir wünschen damit denjenigen, denen wir geschrieben haben, alles Gute und drücken unsere Zuneigung aus.

Der Apostel Paulus schloss seine Briefe ebenfalls mit bestimmten Ausdrücken ab. Die lauten allerdings etwas anders, als unsere Sätze. „Der Gott des Friedens sei mit euch“ steht z.B. am Ende des Römerbriefes. Ebenso gerne endete Paulus mit dem Satz: „Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit euch allen!“. Manchmal nannte er den „Frieden Gottes“ und die „Gnade Christi“ auch nebeneinander.

Ungewöhnlich ist dagegen sein Gruß am Schluss des zweiten Korintherbriefes, den wir eben gehört haben. Ich habe ihn zusammen mit den Abschiedsworten gelesen, das sind ein paar Ermahnungen, die noch vorangehen: „Lasst die Freude bei euch Einzug halten, tröstet und ermuntert euch gegenseitig, bewahrt Eintracht und Frieden untereinander“. So lauten sie in einer modernen Übersetzung. (Klaus Berger und Christiane Nord, Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, übersetzt und kommentiert, Frankfurt am Main und Leipzig, 2003, S.133) Das bezieht sich auf die Situation, in die hinein Paulus seinen zweiten Brief an die Korinther geschrieben hat: Es herrschte viel Streit in der Gemeinde. Den sollten die Korinther beenden und stattdessen der Freude und dem Frieden Raum geben. Sie können überall dort aufbrechen, wo Christus, der eine Herr über alle anerkannt wird. Er ist die lebendige Mitte allen Zusammenlebens der Seinen. Von ihm sollen sich die Korinther zurechtbringen, ermahnen und bewegen lassen. Sie sollen neu lernen, eines Sinnes zu sein und in Frieden miteinander umzugehen. Tun sie das, so wird Gott mit ihnen sein. Denn Gott ist die Liebe, die er den Seinen schenkt, und der Friede, der die Herzen seiner Gläubigen erfüllen kann.

Der Ort, an dem das am ehesten geschieht, ist der Gottesdienst. Da können sie allen Streit unterbrechen und sich gegenseitig vergeben. Es kann zur Versöhnung kommen, indem die Menschen einander die Hand reichen. Dieses Ritual gibt es ja bis heute in der Abendmahlsliturgie. Im urchristlichen Gottesdienst gab es als Brauch dafür sogar den „heiligen Kuss“.

Und dann spricht der Apostel den Segen, mit dem er im Gottesdienst seine Ansprache abzuschließen pflegte. Nur während dieser Segen sonst immer aus dem „Frieden Gottes“ oder der „Gnade Christi“ besteht, ist er hier dreigliedrig formuliert. Die Segenskräfte gehen nicht nur von Gott, dem Vater und dem Herrn Jesus Christus aus, sondern Paulus fügt als drittes Glied die „Gemeinschaft des Heiligen Geistes“ hinzu. Das ist einmalig in seinen Briefen und lässt aufhorchen. Zum ersten Mal bekommt der gottesdienstliche Segen des Apostels trinitarische Struktur. „Unser Herr Jesus Christus begleite euch in seiner Gnade. Gott der Herr schenke euch seine Liebe, der Heilige Geist verbinde euch alle untereinander.“ So kann man das in heutigem Deutsch übersetzen. (Klaus Berger, s.o.)

Uns sind solche Formeln inzwischen längst vertraut. Den Schlusssatz aus dem zweiten Korintherbrief kennen wir z.B. als Kanzelgruß, d.h. der oder die Predigende stellt ihn der Predigt voran. Auch eröffnen wir den Gottesdienst in der Regel „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Wir taufen und trauen Menschen mit dieser Anrufung, schließen Gebete zu Jesus Christus oft mit dem Satz „der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und regierst in Ewigkeit“ und singen einen Lobpreis auf den Dreieinigen Gott am Ende eines Psalms. Auch unser Segen enthält die Bitte, dass Gott der Vater, der Sohn und der Heiliger Geist bei uns sein möge. Ist der Name des dreieinigen Gottes dadurch nicht etwas abgegriffen? Bedeutet er uns überhaupt noch etwas, bzw. worin steckt für uns die Aktualität solcher Formeln, das Inspirierende und Bewegende? Das müssen wir uns fragen, und dazu sind mir folgende Gedanken eingefallen.

Grundsätzlich besagt der Gruß oder der Segenswunsch im Namen des dreieinigen Gottes, dass Gott sich nicht durch eine Vorstellung beschreiben lässt, und das Bild von der „Dreieinigkeit“ ist von vorne herein für den Verstand ein Widerspruch. Das ist allen bewusst, die diesen Namen nennen. Denn damit sind nicht einfach drei Personen gemeint, die zusammengehören. Das wäre Vielgötterei, und die liegt dem christlichen Glauben fern. Es gibt deshalb in der Theologie auch die Begriffe von den drei „Wesenheiten“ oder drei Eigenschaften Gottes. Ein Hymnus der Benediktiner beschreibt die Trinität mit Bildern. Er beginnt mit der Strophe: „Dreifaltiger verborgner Gott, ein Licht aus dreier Sonnen Glanz, drei Flammen einer Liebesglut, Gott Vater, Sohn und Heil’ger Geist.“ (Evangelisches Tagzeitenbuch, Hrg. Ev. Michaelsbruderschaft, Göttingen 2020, Nr.665) Das ist sehr schön, aber erklärt wird damit auch nicht, was es mit der Dreieinigkeit auf sich hat.

Doch gerade damit sind wir bei dem ersten Thema, das die Trinität zum Ausdruck bringt: Wir können Gott gar nicht begreifen, das ist sein Hauptmerkmal. Gott ist keine Idee, und er hat auch keinen Ort, an dem er sich aufhält. Er ist nicht nur durch einen Gedanken zu erfassen. Wir können ihn nicht verstehen und beschreiben, denn seine Wirklichkeit ist viel tiefer und größer als unser Denken. Er ist in sich selber lebendig und mächtig, wirksam und schöpferisch, liebend und vergebend. Unsre Beziehung zu ihm ereignet sich nicht dadurch, dass wir ihn verstehen oder ergreifen, ihn in unser Denken einbauen und festlegen, sondern er nähert sich uns. Wir sind seine Kinder, er schenkt uns seine Heilskraft, rettet uns aus dem Tod und lässt uns Anteil haben an seiner Liebe. Wo Gott gegenwärtig ist, entstehen Frieden und Ruhe. Wir sind nicht mehr allein, und werden untereinander verbunden.

Der Glaube ist also kein Denksystem, sondern ein Vollzug. Das ist der nächste Gedanke, der sich daraus ergibt. Wir müssen uns auf Gott einlassen und in seine Wirklichkeit eintreten. Die Beziehung zu Gott besteht darin, dass wir uns ihm anvertrauen, uns ihm hingeben und ihn in unser Leben hineinlassen. Dabei bringt die Vorstellung von der Dreiheit Gottes zum Ausdruck, dass wir ihm überall begegnen können, in der Höhe und in der Tiefe, in Kraft und in Schwachheit. Gott findet immer einen Weg zu uns und wir zu ihm. Wir öffnen uns für ihn und empfangen das, was er uns schenken möchte.

Und diese Erfahrung führt uns zur Anbetung. Das ist der dritte Punkt. Die Formeln vom Dreieinigen Gott bringen das auch zum Ausdruck: Sie enthalten unsere Ehrfurcht und Dankbarkeit. Unser Denken kommt zur Ruhe, wenn wir den Namen des dreieinigen Gottes nennen, wir werden still, und unser Glaube mündet in das Lob.  Wir erkennen:  Gott ist Geber und Gabe in einem. Wir haben unser Leben von ihm und er schenkt uns sich selber Er will uns begleiten, uns lieben und stärken. Und er ist das Ziel unseres Glaubens, es geht in allem um ihn. In seiner Gegenwart sind deshalb, wer wir sein sollen.

All das steckt in dem Segen, den Paulus hier formuliert. Ganz viele Aspekte unseres Lebens und unserer Beziehung zu Gott sind darin enthalten. Die Vorstellung von dem dreieinigen Gott macht es deshalb eigentlich sogar einfacher, an Gott zu glauben, als wenn er nur Einer wäre. Sie ist immer aktuell, kann uns inspirieren und bewegen. Denn sie hilft uns, uns Gott aus ganz unterschiedlichen Lebenssituationen heraus anzunähern. Vielleicht ist auch mal der eine und mal der andere Aspekt wichtiger für uns. Wir müssen uns nicht auf einen Gedanken festlegen. Die Trinität ist so etwas wie ein Raum, in dem wir Zuflucht finden. Wir können uns bei Gott bergen, mit ihm Gemeinschaft haben und uns von ihm umschließen lassen. Sein Geheimnis lässt sich nicht lüften, aber es kann uns anlocken und ergreifen. 

Es ist deshalb sinnvoll, wenn wir so einen Segenswunsch, wie Paulus ihn an das Ende seines Briefes an die Korinther gesetzt hat, zu eigen machen, ihn in unseren Gottesdiensten verwenden, und warum nicht auch einmal am Ende eines Briefes? Zumindest ist es nicht schlecht, wenn wir uns und unseren Lieben die Gaben wünschen, die der dreieinige Gott uns in vielfältiger Weise schenken möchte.

Der Mystiker und Seelenführer Gerhard Tersteegen hat das so gehandhabt. Er lebte von 1697 bis 1769 in Mühlheim an der Ruhr und führte ein beschauliches und abgeschiedenes Leben. In seinem Haus hielt er regelmäßig Erweckungsversammlungen und Erbauungsstunden und führte viele persönliche Glaubensgespräche. Auch in Briefen und Schriften hat er sich geäußert, denn die Menschen vertrauten sich ihm an und suchten seinen Rat. In einem seiner Briefe grüßte er am Ende z.B. so: „Nun, mein herzlich geliebter Bruder, nochmals grüße ich dich im Namen Jesu, und umarme dich im Geiste seiner Liebe, in dem ich durch die Gnade bleibe.“ (Tersteegens Briefe in Auswahl, Basel 1889, S.162)

Tersteegen hat auch viele Lieder und Gedichte geschrieben. In unserem Gesangbuch gibt es insgesamt neun. Eins davon ist ein Lobpreis auf die Dreifaltigkeit. Tersteegen nennt Gott darin den „Brunn alles Heils“ und sucht seinen Segen. Er nennt ihn „Schöpfer“, „Heiland“ und „Tröster“ und bittet darum, dass er bei uns bleiben und uns erleuchten möge und uns seinen Frieden schenke. Lasst auch uns darum bitten und uns bei dem dreieingen Gott bergen.

Amen.

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