Jesus reinigt unsre Seele

Im Gottesdienst wurde ein vierjähriger Junge getauft.

Predigt über Johannes 13, 1- 15: Die Fußwaschung

Sommerpredigt Wasser IV: Wasser reinigt
16.8.2020, 9.30 Uhr, Lutherkirche

Johannes 13, 1- 15

1 Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater; und wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.
2 Und beim Abendessen, als schon der Teufel dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten,
3 Jesus aber wusste, dass ihm ader Vater alles in seine Hände gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging,
4 da stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich.
5 Danach goss er Wasser in ein Becken, fing an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war.
6 Da kam er zu Simon Petrus; der sprach zu ihm: Herr, solltest du mir die Füße waschen?
7 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.
8 Da sprach Petrus zu ihm: Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil an mir.
9 Spricht zu ihm Simon Petrus: Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt!
10 Spricht Jesus zu ihm: Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht alle.
11 Denn er kannte seinen Verräter; darum sprach er: Ihr seid nicht alle rein.
12 Als er nun ihre Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und setzte sich wieder nieder und sprach zu ihnen: Wisst ihr, was ich euch getan habe?
13 Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht, denn ich bin’s auch.
14 Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch untereinander die Füße waschen.
15 Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.

Liebe Gemeinde.

Zu Weihnachten und am Geburtstag bekommen wir Geschenke, manchmal auch noch zu Ostern. Du, Leander, hast auch noch ganz schön viel von deinem alten Kindergarten geschenkt bekommen, als du da verabschiedest wurdest. Mit dem Jahrestag der Taufe ist das anders, da schenken wir uns normalerweise nichts. Wir feiern ihn ja auch nicht, und viele von euch wissen wahrscheinlich noch nicht einmal, wann ihrer überhaupt ist.

Dabei ist er eigentlich auch ein Feier- und Geschenketag, denn bei der Taufe geschieht etwas sehr schönes und großes, das für unser ganzes Leben wichtig ist: Jesus schenkt uns bei der Taufe nämlich seine Liebe und Hilfe, den Glauben und das Vertrauen, Vergebung und Kraft. Er tut für uns das, was er auch für seine Jünger getan hat, als er sich von ihnen verabschiedete. Wir haben die Geschichte eben gehört. Sie erzählt uns, wie er ihnen die Füße wusch.

Er tat das, bevor er das letzte Mal mit ihnen zusammen Abendbrot aß. Er wusste da bereits, dass er in der kommenden Nacht gefangen genommen und hingerichtet werden würde. „Er war zu der Gewissheit gelangt, dass seine Stunde gekommen war und er die Welt verlassen und zum Vater gehen sollte“, wie es heißt. (Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, übersetzt und kommentiert von Klaus Berger und Christine Nord, Frankfur a.M., 2003, S. 343f)  Und er hat die Fußwaschung ganz bewusst zu diesem Zeitpunkt gemacht. Er wollte seinen Jüngern noch einmal zeigen, dass er sie liebte, und er wollte ihnen damit auch ein Vorbild für ihren Dienst aneinander geben. Das erklärte er ihnen am Ende.

Aber vorher „erhob er sich vom Mahl, zog sein Gewand aus und legte sich ein Tuch um die Lenden wie ein Sklave. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Lendentuch abzutrocknen.“ (s.o.) So wird es hier beschrieben. Die Fußwaschung selbst war dabei nichts besonderes, das geschah damals immer, wenn man ein Haus betrat und sich zum Essen versammelte. Die Füße waren ja meistens staubig von der Reise, man ging normalerweise zu Fuß und trug nur Sandalen. Ein Sklave wusch den Gästen deshalb den Staub von den Füßen. Das war wie gesagt normal. Aber dass Jesus das jetzt tat, das war ungeheuerlich. Gerade im Johannesevangelium wird überall betont, dass er der Gottessohn ist, dem alles zu Füßen liegt. Und der verrichtete hier einen Sklavendienst!

Deshalb protestierte Petrus auch. Er konnte das nicht ertragen. Zweimal wehrte er sich dagegen, und zweimal musste Jesus ihm erklären, warum er das machte. Seine zweite Antwort war sogar eher eine Warnung: „Wenn ich dir nicht die Füße wasche, dann bekommst du nichts ab von dem, was ich bin“, sagte er. (s.o.) Er machte also deutlich, dass es nicht nur irgendein Liebesdienst war, den er hier ausübte, sondern die Fußwaschung war ein Gleichnis für das, was er den Menschen sowieso schenken wollte. Und das war in Wirklichkeit noch viel mehr. Denn es waren die Ewigkeit und die Liebe Gottes, und damit die Hoffnung und die Zuversicht. Wenn Petrus sich das also nicht gefallen gelassen hätte, wäre er nicht zu Gott und in den Himmel gekommen. Das hatte Jesus ihnen immer beigebracht, das war die ganze Zeit sein Thema gewesen, und die Jünger waren ihm deshalb auch nachgefolgt. Sie wollten dieses Geschenk von ihm haben. Mit der Fußwaschung zeigte Jesus ihnen nun, dass er ihnen das wirklich gab. Er hat nicht nur darüber gepredigt, sondern er machte es auch wahr. Am Ende verstand Petrus das dann schließlich und ließ es deshalb zu, dass Jesus ihm die Füße wusch.

Aber die Geschichte ist damit nicht zu Ende, es folgt noch eine zweite Erklärung von Jesus. Er sagte: „Als Herr und Lehrer habe ich euch die Füße gewaschen, und nun müsst ihr euch auch gegenseitig die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr genauso handelt wie ich.“ (s.o.) Er verpflichtete seine Jünger also zu Hilfsbereitschaft und zu selbstloser Liebe.

Und damit sind auch wir angesprochen. Wir sollten uns die beiden Erklärungen ebenfalls zu Herzen nehmen. Dabei finde ich es allerdings wichtig, dass wir sie hintereinander beachten. Möglicherweise liegt uns die zweite Deutung nämlich näher: Dass wir als Christen hilfsbereit und liebevoll sein sollen, das wissen wir und das finden wir auch wichtig. Es ist ja auch relativ einfach, weil es eine klare Handlungsanweisung ist. Wir werden zu einem bestimmten Verhalten aufgefordert. Uns wird gesagt, was wir tun sollen. Und über so etwas sind wir meistens froh. Es ist praktisch und verständlich. Außerdem ist es schön, anderen zu helfen, denn wir werden dadurch zu guten Menschen und finden viel Anerkennung. Wir sind mit uns selber zufrieden und haben ein gutes Gewissen. Wir können mit dem Beispiel Jesu also etwas anfangen.

Aber ganz so einfach ist das alles leider nicht, denn wir bekommen es gar nicht immer hin, wirklich gut und liebevoll zu sein. Wir schaffen es überhaupt nicht, immer alles richtig zu machen. Und das ist auch nicht der Sinn unseres Glaubens. Das zeigt uns diese Geschichte sehr schön. Jesus sagt uns hier, dass das erste, was im Glauben zählt, nicht unsre Taten sind. Es beginnt vielmehr damit, dass er etwas für uns tut. Unserem Dienst an den anderen geht der Dienst Jesu an uns vorweg. Den müssen wir uns erst einmal gefallen lassen und den dürfen wir auch nicht überspringen. Sonst wird unsere Nächstenliebe zur Werkgerechtigkeit, und die hat Jesus ganz bestimmt nicht gemeint. Wir sollen nicht einfach nur gute Werke tun, sondern erst einmal ein Geschenk von ihm empfangen, und zwar das Geschenk seiner Liebe und Barmherzigkeit.

Und das ist deshalb nicht ganz einfach, weil es Demut und Selbstüberwindung erfordert. Wir müssen dafür nämlich zugeben, dass wir im Leben Fehler machen, dass wir nicht immer optimal miteinander umgehen, nicht perfekt sind und manchmal versagen. Darin besteht hier die Schwierigkeit, denn das geht uns gegen den Strich. Unser Stolz will diesen nüchternen Blick auf unser Leben am liebsten verhindern. Wir müssen sozusagen auf den Boden kommen. Und das tut manchmal weh. Wir täuschen uns und die anderen ganz gerne über unsere Fehler und Schwächen hinweg. Wir überspringen diesen Punkt lieber. Denn so angenehm ist das nicht. Wir akzeptieren unsere schlechten Seiten eben nicht richtig.

Aber genau damit hat Jesus ein Ende gemacht. Er will nicht, dass wir erst einmal zu guten Menschen werden, sondern er liebt uns so, wie wir sind. Wir müssen uns vor ihm nicht schämen oder verstecken. Denn er nimmt uns auch mit unseren Fehlern an und wäscht den Dreck ab, den wir in unserer Seele haben. Das müssen wir uns einfach nur klar machen und uns gefallen lassen. Dann passiert das, was hier in der Geschichte vorkommt: Wir werden innerlich gereinigt, an Seele und Geist. Es beginnt damit, dass wir uns entspannen können. Die Anstrengung fällt von uns ab. Der Leistungsdruck verschwindet, und das tut gut. Wir werden ruhig und nüchtern. Wir werden plötzlich mit einer ganz anderen Kraft erfüllt, als unserer eigenen.

Die Taufe ist dafür ein sehr schönes Ritual. Es ist das Ereignis, bei dem Jesus uns seine Liebe schenkt, für unser ganzes Leben. Wir müssen sie nur empfangen. Anstatt selber aktiv zu werden, dürfen wir bei der Taufe passiv sein und uns etwas gefallen lassen. So wie die Jünger es auch waren, als Jesus ihnen die Füße wusch. Das Wasser der Taufe erinnert uns daran. Es ist ein Symbol für die Reinigung. Jesus „wäscht damit unsere Seele“, er vergibt uns alle Schuld und nimmt uns die Sünden ab.

Und daraus folgt dann das Zweite, nämlich dass wir so auch miteinander umgehen sollen. Die Nächstenliebe ist eine Wirkung der Liebe Jesu. Die Kraft und die Liebe, die wir durch Jesus empfangen, die können und sollen wir natürlich weitergeben. Sie prägt unser Miteinander. Es wäre ja auch widersinnig, wenn das nicht geschehen würde. Aber wir sollten die richtige Reihenfolge beachten, denn nur dann wird unsere Nächstenliebe so, wie Jesus es gemeint hat. Sie ist dann nicht das angestrengte Werk, das mich gerecht macht, sondern ein Ausdruck des Geschenkes, das ich bekommen habe. Sie kommt nicht aus dem Kopf oder dem Willen, sondern vom Herzen. Sie entspringt in unserem Inneren und fließt aus uns heraus.

Dieser Zusammenhang kommt auch sehr schön in dem Taufspruch von Leander zum Ausdruck. Er lautet: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ (Mk. 9,23) Das hat Jesus einmal zu einem Mann gesagt, dessen Sohn krank war. Er wollte, dass er wieder gesund wurde, und er glaubte, dass Jesus das tun konnte. Und so geschah es dann auch, der Junge wurde geheilt.

Und das heißt für uns: Wer sich an Jesus wendet, bekommt immer eine Antwort. Er muss nie aufgeben und kann jederzeit neu anfangen. Er bekommt Kraft für alle seine Vorhaben, er wird gesund und stark, zuversichtlich und ruhig. Und er wird mit Liebe für seine Mitmenschen erfüllt, das Leben kann gelingen.

Das alles wird dir, Leander, heute geschenkt. Und das ist etwas ganz Großes. Wir alle haben bei unsrer Taufe dieses Geschenk bekommen. Es lohnt sich also, dass wir uns taufen lassen, und dann jedes Jahr an diesen Tag denken und ihn feiern.

Amen.

 

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