Predigt über Jesaja 6, 1- 4: Der Thron Gottes
Tag der Heiligen Dreifaltigkeit, Trinitatis, 11.6.2017, Jakobikirche Kiel
Jesaja 6, 1- 4
1 In dem Jahr, als der König Usija starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron und sein Saum füllte den Tempel.
2 Serafim standen über ihm; ein jeder hatte sechs Flügel: Mit zweien deckten sie ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße und mit zweien flogen sie.
3 Und einer rief zum andern und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der HERR Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!
4 Und die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens und das Haus ward voll Rauch.
Liebe Gemeinde.
Die Zahl Drei ist sehr beliebt und man sagt gern: „Aller guten Dinge sind drei“. Das ist eine Redensart.
Das ist z.B. bei einem Team so. Wenn es aus drei Personen besteht, ist es dynamisch und kann gut arbeiten. Drei Menschen sind außerdem die kleinste Gruppe, in der bei Abstimmungen eine absolute Mehrheit den Ausschlag für eine Entscheidung geben kann.
Aber auch in anderen Zusammenhängen spielt die Drei eine Rolle: Im Märchen haben die Menschen oft drei Wünsche frei. Man schlägt drei Kreuze, wenn man angespannt oder erleichtert ist.
Außerdem gilt die Drei von alters her als göttliche bzw. heilige Zahl. In vielen Kulturkreisen existiert eine Dreiheit von Göttern als Symbol für die allumfassende Göttlichkeit.
So ist es auch in der Geschichte, aus der heute unser Wochenspruch stammt. Da singen die Engel um den Thron Gottes dreimal das „Heilig“: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll.“
Der Vers stammt aus einer Vision des Propheten Jesaja: Er sah mit seinem inneren Auge Gott, den Herrn auf einem hohen und erhabenen Thron sitzen, und sein Saum füllte den Tempel. Engel standen über ihm, ein jeder hatte sechs Flügel, und sie riefen einander dieses Loblied zu. „Und die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens und das Haus ward voll Rauch.“, heißt es dann weiter. Wir können uns also zwei Chöre zu beiden Seiten des Throns vorstellen, deren Gesang in den himmlischen Tempel hinein schallte. Sie lobten Gott als den, der ganz anders ist als die Menschen, unnahbar, erhaben und anbetungswürdig. Seine Herrlichkeit erfüllt die ganze Welt. Das ist ihr Lobpreis, und der wirkt gewaltig, wie ein Donner mit erdbebenähnlichen Folgen.
Und er ist berühmt geworden. Die Christen haben dieses Lied der Engel schon früh übernommen und auf die Dreifaltigkeit Gottes bezogen. Wir singen es ja auch jedes Mal, wenn wir das Abendmahl feiern. Ursprünglich ist das natürlich kein Loblied auf den dreieinigen Gott, aber es liegt nahe, es so zu verstehen. Die ersten Christen sahen in diesem alttestamentlichen Lobgesang der Engel bereits einen Hinweis darauf, dass Gott nicht nur einer ist, sondern Drei in Eins, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Nichtchristen finden das ja merkwürdig. Außenstehende können es nicht nachvollziehen, warum wir nicht nur an eine sondern an drei göttliche Personen glauben.
Und das ist in der Tat auch nicht so leicht zu verstehen. Was ist das eigentlich, ein dreieiniger Gott? Wir feiern ihn heute, aber wissen wir überhaupt, was wir da tun? Mit Weihnachten, Ostern und Pfingsten ist das einfacher, denn da bedenken wir die einzelnen Schritte des Erlösungswerkes Gottes, die Geburt und die Auferstehung Christi und die Ausgießung des Heiligen Geistes. Das Trinitatisfest ist dagegen anders, denn heute geht es nicht um ein Ereignis, sondern eine Idee, um die Idee eben, dass Gott nicht nur Einer, sondern Drei in Einem ist. Lassen Sie uns also fragen, was das bedeutet.
Diese Vorstellung gab es schon sehr früh, denn sie ergibt sich aus der Botschaft des Neuen Testamentes. Dort ist zwar noch nicht ausdrücklich von dem dreieinigen Gott die Rede, aber davon, dass Christus Gottes Sohn ist und uns den Heiligen Geist hinterlassen hat. Es gibt also nicht nur Gott, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, sondern auch den Sohn, also den menschgewordenen Gott, der uns nahe ist und uns erlöst. Und es gibt den Geist Gottes, der in den Gläubigen wirkt, der uns Kraft und Zuversicht schenkt.
Deshalb haben die ersten Christen auch gleich in der frühen Kirche intensiv darüber nachgedacht, wie diese Dreiheit Gottes zu verstehen ist. Wir können diese altkirchlichen Abhandlungen darüber heute noch nachlesen. Sie sind für uns allerdings nur sehr schwer zu verstehen. Deshalb möchte ich darauf jetzt nicht eingehen. Lassen Sie uns vielmehr selber überlegen, was der Glaube an einen dreieinigen Gott bedeuten kann.
Aus dem, was ich vorhin über die Zahl Drei erwähnte, ergibt sich z.B. als erstes, dass Gott vollkommen ist. Die Zahl Drei symbolisiert – wie gesagt – die Vollständigkeit und Vollkommenheit. Deshalb kann man sie sehr gut auf Gott anwenden. Er ist eben nicht nur durch einen Gedanken zu erfassen. Seine Wirklichkeit ist tiefer und größer, und erst durch die Dreiheit können wir seine Fülle erahnen. Das ist das Erste.
Das zweite ist das Geheimnis Gottes, das wir dadurch benennen, dass wir an Drei in Einem glauben. Das gibt es in unserer Wirklichkeit ja so nicht. Das ist unfassbar und bleibt es auch. Wir können Gott nicht in den Griff kriegen. Wir können ihn uns nicht handhabbar machen, denn Gott ist keine Sache und auch keine andere Person. Wir können ihn nicht begreifen, sondern uns ihm nur anvertrauen und an ihn glauben. Er ist eine Wirklichkeit, die nicht wir erfassen, sondern die uns erfassen kann, auf die wir uns einlassen müssen und in die wir eintreten können. Das ist das Zweite.
Und das dritte ist die Lebendigkeit Gottes, die mit der Trinitätslehre zum Ausdruck kommt. Gott ist nicht starr und unbeweglich, er ist auch nicht an einem bestimmten Ort, sondern er ist in sich selber Bewegung und Kraft, Beziehung und Austausch. Es gibt deshalb keinen Bereich unseres Lebens, der von ihm ausgespart bleibt. Wir können ihm vielmehr überall begegnen, in der Höhe und in der Tiefe, in Kraft und in Schwachheit. Gott findet immer einen Weg zu uns und wir zu ihm. Das ist der dritte Punkt.
Und das ist sehr schön. Wenn wir Christen an Gott denken dann stellen wir uns nicht nur einen fernen und allmächtigen Gott vor, dem wir uns unterwerfen müssen. Gott ist uns vielmehr ganz nahe. Er bestraft uns auch nicht, sondern er vergibt uns immer wieder und nimmt selber das Leid auf sich. Sogar den Tod hat er nicht gescheut, damit wir frei werden. Und er zieht in uns ein, er will in uns wohnen, mit seiner Kraft. Er schenkt uns Frieden und Gelassenheit, Trost und Hoffnung. Wir müssen uns nur für ihn öffnen.
Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes ist also keine Denksportaufgabe, kein Rätsel, das es zu lösen gilt. Es ist vielmehr umgekehrt: Der dreieinige Gott ist selber die Antwort auf unsere Fragen und Nöte. Mit dem Glauben an Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist können wir die Rätsel lösen, die dieses Leben uns aufgibt. Und es ist eben auch ein Glaube, d.h. wir müssen uns auf Gott einlassen, uns ihm anvertrauen und ihn in unser Herz hineinlassen. Dann können wir erleben, wie vielfältig die Wege sind, auf denen er zu uns kommt. Wir können ihm überall begegnen, in Leid und in Freude, im Leben und im Sterben.
Ein gutes Mittel ist dafür das Lob Gottes. Wir können in den Lobgesang der Engel um seinen Thron einstimmen und selber das „Heilig, heilig, heilig“ singen. Dann bekommen wir einen Eindruck von seiner Erhabenheit, aber auch von seiner Nähe und seiner Kraft.
So sah das auch der Dichter des Liedes „Großer Gott, wir loben dich.“ Diesem Lied liegt die Geschichte aus Jesaja 6 zu Grunde. In dem Text wird der Lobgesang der Engel ebenfalls auf die Dreieinigkeit Gottes bezogen. Strophe fünf lautet: „Dich, Gott Vater auf dem Thron, loben Große, loben Kleine. Deinem eingebornen Sohn singt die heilige Gemeinde, und sie ehrt den Heilgen Geist, der uns seinen Trost erweist.“ (Evangelisches Gesangbuch, 331, 5)
Amen.